Die große Tour in eine ungewisse Zukunft
Marco Haller hat die Tour de France „überstanden“und sehnt sich schon nach einer Pause. Der Blick bleibt beim Kärntner nach vorne gerichtet.
Die TV-Übertragungen der Tour de France gestalteten sich in den vergangenen Jahren sehr ähnlich. Weil der Sieger stets vorher festgestanden war, immer ein Brite aus der Sky-Mannschaft, waren die Schilderungen der Eurosport-TV-Experten über Burgen und Schlösser am Wegesrand, über Ruinen in den Pyrenäen oder erlesene Rezepte der Haute Cuisine Frankreichs noch das Aufregendste.
Diesmal gewann wieder einer aus der Ineos-Mannschaft, die Folge-Equipe des Sky-Teams. Aber dieser Jungprofi aus Kolumbien ist erst 22 Jahre alt. Und Egan Bernal gab sich auf den Passstraßen der Alpen keine Blöße, als es ans Eingemachte ging, als die Tour 2019 zu entscheiden war. Er hatte die Gunst eines Hagelsturms nach Val d’Isere genutzt, auf dieser Abbruch-Etappe dem bis dahin führenden Franzosen Julian Alaphilippe, was für ein Segen für die Grande Nation, das Gelbe
ausgezogen. Nur weil da auf dem Col de l’Iseran die Zeit für die Gesamtwertung genommen wurde. Und er zeigte auf der letzten Bergetappe keine Schwäche. Elegant radelte Bernal die Rampen hinauf, scheinbar mühelos. Dazu ist er auch im Zeitfahren nicht schlecht. Ein kompletter Fahrer, schon mit 22. Keine guten Nachrichten für die Konkurrenz.
Viel mehr Mühe hatte da schon der Kärntner Marco Haller, die Tour überhaupt zu überstehen. Er hatte im Winter nach seinen Verletzungen nur eingeschränkt trainieren können, war sicher mit einem Rückstand ins Jahr gestartet. Wurde dann aber von seiner Mannschaft KatjuschaAlpecin für den Giro entdeckt – und dann gleich auch für die Tour de France nominiert. „Allein, dass ich die Tour fahren durfte, war für mich ziemlich überraschend. Im Nachhinein muss ich vielleicht gestehen, dass Giro und Tour doch etwas
viel war. Nach der Italienrundfahrt spürte ich doch eine gewisse Grundmüdigkeit, die jetzt irgendwann einmal aus dem Körper weichen muss. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, auch wenn die Tour für unser Team freilich nicht gerade der große Erfolg war. Nur ein paar Mannschaften, wie Ineos, war es vergönnt, sich da ins Rampenlicht zu fahren“, gibt Haller nach den Qualen zu.
Und sein Blick ist weiter nach vorne gerichtet. Muss er auch sein. Denn die Zukunft der KatjuschaMannschaft ist mehr als fraglich. Seit Monaten brodelt schon die Gerüchteküche. Alpecin und Canyon sollen aussteigen. Eine Bestätigung fehlt aber noch von beiden Unternehmen. Laut dem belgischen Radsportportal wielerflits.be soll Katjuscha eine Fusion mit dem französischen ZweitligaTeam Arkea Samsic anstreben. Es sollen schon einige Gespräche, auch mit anderen Mann
schaften, gegeben haben. Der Russe Makarov, Inhaber der World-Tour-Lizenz, sucht vehement nach neuen Partnern. Bei einer Fusion, mit wem auch immer, hat Katjuscha dann aber gleich mit einem Schlag zu viele Fahrer, Nairo und Dayer Quintana werden schon jetzt als Neuzugänge gehandelt, der Vertrag von Marco Haller läuft aber heuer aus.
Muss er sich bald nach einem neuen Arbeitgeber umschauen? „Noch ist nichts entschieden, das muss alles das Management machen. Da werde ich bestimmt nicht nervös“, so der Kärntner, der laut eigenen Aussagen natürlich über Alternativen verfügt. Ein Ziel für heuer hat er noch: Ich möchte einen Formaufbau für die WM durchziehen.“