Nicht nur eine Frage der Optik
Über Vereinbarkeiten von Verfassungsrichtern.
Ungeachtet kritischer Stimmen, die es problematisch fanden, wenn ein parteilich punzierter Anwalt in das Höchstgericht einzieht, erhob die türkis-blaue Koalition Rechtsanwalt Michael Rami zum Richter des Verfassungsgerichtshofes. Auf Wunsch der FPÖ.
Anders als in Deutschland ist man in Österreich nur im Nebenjob Verfassungsrichter. Rami übt daher weiter seinen Hauptberuf als Rechtsanwalt aus. Als er zwei FPÖ-Regierungsmitglieder vertrat, kündigte er auf den Vorwurf der Unvereinbarkeit an, künftig keine Spitzenpolitiker als Klienten zu übernehmen.
Als Experte für Medienrecht vertritt er nun einen ehemaligen Politiker, der als Galionsfigur eines der großen (zumindest Polit-)Skandale gilt – Karl-Heinz Grasser. Natürlich muss auch ein prominenter Ex-Finanzminister, dem ein Skandal in der Amtsführung angelastet wird, das unbestreitbare Recht haben, sich die beste rechtliche Vertretung leisten zu dürfen. Doch passt ein so brisanter Fall zum besonderen Ansehen, das einen Verfassungsrichter auszeichnen sollte? ei allem schwülstigen jüngsten Lob für die Verfassung pflegt Österreich ein schlampiges Verhältnis zu seiner Verfassung. Irgendwie auch zum nebenberuflich besetzten Verfassungsgerichtshof. Es wäre an der Zeit, das Korsett der Unvereinbarkeiten enger zu schnüren. Oder besser: Wer Verfassungsrichter ist, soll es sein. Aber beruflich nur das.
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