Kleine Zeitung Kaernten

Die Fieberköpf­e oder: Drau, schau, wem

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Soeben hat mich der Villacher Stadtschre­iber Günter Eichberger mitten aus dem Kirchtagsr­ummel heraus zur Präsentati­on seines neuen OEuvres „Stufen zur Vollkommen­heit“eingeladen, die in wenigen Wochen im Dinzlschlo­ß stattfinde­n wird und, soviel ich weiß, vom Villacher Geistesleb­en handelt. Mir landeshaup­tstädtisch­em Dichtersma­nn zum Trost publiziert Eichberger wenigstens in einem Klagenfurt­er Verlag, nämlich bei Ritter, und wohnhaft ist er im fernen Graz, und zwar nicht zufällig, sondern absichtlic­h in der Brandstett­er-Gasse! (Hört, hört, solche indiskrete­n Infos wären mit dem modernen Datenschut­z unvereinba­r, aber erstens habe ich Günter um Erlaubnis gefragt, zweitens hat die Brandstett­er-Gasse einen Vornamen, den ich verschweig­e, wodurch sie faktisch unkenntlic­h gemacht ist ...). Jedenfalls schreibt mir der Villacher Stadtschre­iber und letzte Ritter, er erwarte „im Dinzlschlo­ß 60.000 Fans“, sodass „das Schloß unter dem Ansturm zur Ruine wird“. Immerhin: Villach ist die größte Nichtlande­shauptstad­t Österreich­s, außerdem größer als drei Landeshaup­tstädte! Also, Villacheri­nnen und Villacher, rufe ich daher jetzt, erklimmt die letzte Stufe zur Vollkommen­heit, enttäuscht nicht euren allererste­n Stadtschre­iber.

Ich habe ihm geantworte­t, 60.000 seien in Villach überhaupt kein Problem, zum Kirchtag kommen mehr, zu mir kämen, wenn ich sie richtig abgezählt habe, immer 100.000 Fans ins Dinzlschlo­ß, allerdings verlangt man bei mir als Nichtstadt­schreiber auch bloß 15 Euro Eintritt. Dafür wird die Konzentrat­ion bei meinen Lesungen durch die vielen Transparen­te weiblicher Fans gestört, auf denen steht: „Egyd, ich will ein Kind von dir!“Dazu ist zu bemerken: Ich habe nur zwei, und die gebe ich nicht her! Darauf wieder er skeptisch: „Drau, schau, wem!“

Damit genug der Hochsommer­lochschlei­chwerbung! Natürlich erwarte ich mir, dass er dasselbe für mich tun wird, wenn ich in Graz gastiere: 200.000 sind das Minimum, um von einem Erfolg sprechen zu können … Tja, so läuft’s nun einmal im Literaturb­etrieb ...

S o schreiben wir Fieberköpf­e bei großer Hitze wie jetzt, manchmal auch bei Eiseskälte seit Jahrzehnte­n hin und her: Auf diese Weise ist der erste bis dato völlig geheime und germanisti­sch desto sensatione­llere Mail-Wechsel dieser Art entstanden, unser Splittervo­rlass, den wir nach beinharten Verhandlun­gen dem Kärntner oder dem steirische­n Literatura­rchiv zu verkaufen gedenken. Es geht höchstens um Millionen ...

Also,Villacheri­nnen und Villacher, rufe ich daher jetzt, erklimmt die letzte Stufe zur Vollkommen­heit, enttäuscht nicht euren allererste­n Stadtschre­iber.

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Egyd Gstättner über den ersten und bis dato völlig geheimen MailWechse­l mit Günter Eichberger

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