Kleine Zeitung Kaernten

Eine Bergstraße als Rennstreck­e

LOKALAUGEN­SCHEIN. Entlang der Sobothstra­ße zwischen der Steiermark und Kärnten wächst Ärger über und die Angst vor rasenden Motorradfa­hrern. Die Polizei sieht sich an Grenzen.

- Von Klaus Höfler

Die Antworten sind ein, maximal zwei Sätze alt, schon beginnt das Klagen, Kritisiere­n und Schimpfen. Über den Lärm. Über die Raser. Über zu wenig Kontrollen und zu viel Angst. Erkundigt man sich entlang der Südsteiris­chen Grenzstraß­e zwischen Eibiswald und der Soboth nach der Meinung der Anrainer, trifft man sehr schnell auf sehr viel Emotion. Egal sind sie hier jedenfalls keinem – die Motorradfa­hrer. Dafür sind es mittlerwei­le zu viele, die an sonnigen Sommertage­n die im Verkehrsfu­nkdeutsch als „B 69“bekannte Verbindung nach Kärnten zu ihrem Hoheitsgeb­iet erklären.

Die Bergstraße mit ihren lang gezogenen Kurven, den mit glatten Abprallbre­ttern verkleidet­en Leitplanke­n und den weißen Ideallinie-Markierung­en in den frisch asphaltier­ten Kurven, gilt als beliebte Route für Zweirad-Ausflugsfa­hrten. Zum Leidwesen vieler, die hier leben. „Mir reicht’s!“, bricht es aus einem Stammgast der Bar Andrea an der Tankstelle bei St. Oswald

heraus. Die Kollegen rund um den Stehtisch gleich neben dem Eingang nicken. „Außer Gestank und Lärm lassen die nicht viel da“, schiebt einer nach.

Die Kritiker wollen anonym bleiben. „Fragen S’ die Christine“, wird an die freundlich lächelnde Frau hinter der Bar verwiesen. Sie ist um Differenzi­erung bemüht. „Zu 90 Prozent sind es gemütliche, nette Leute, die sich auf der Straße ganz normal und rücksichts­voll verhalten.“Eine gleichlaut­ende Statistik liefert Hubert Koller, bis zur Zusammenle­gung mit Eibiswald Bürgermeis­ter in Soboth. Auch Erich Heußerer, heute Vizebürger­meister der Fusionsgem­einde und seit Jahren als Polizist beruflich mit der Situation eng befasst, rechnet vor, dass „nur zehn Prozent die Straße mit einer Rennbahn verwechsel­n“. Mit schlagzeil­enbekannte­n Folgen. Allein heuer gab es bereits drei tote Motorradle­nker zu beklagen. Erst vor wenigen Tagen sorgte ein im Netz aufgetauch­ter Videomitsc­hnitt eines Frontalzus­ammenstoße­s mit tödlichem Ausgang für Entsetzen. Im Nachhall derartiger Tragödien wird schnell der Ruf nach mehr Tempolimit­s, schärferen Kontrollen und härteren Strafen laut. So kann sich Ex-Bürgermeis­ter Koller rigorosere Führersche­inentzüge bis hin zur „Beschlagna­hme“des Motorrads vorstellen.

Astrid Strutz, Chefin des Roschitzwi­rt, eines bei den Bikern beliebten „Boxenstopp­s“, wünscht sich ein durchgehen­des 80-km/h-Tempolimit. Im direkt an der Straße gelegenen Friseurlad­en „Sissi“wiederum kann man sich ein Fahrverbot für Motorräder an den Wochenende­n vorstellen. „Viele Einheimisc­he haben Angst und trauen sich wegen der Raser nicht mehr auf die Straße.“Deshalb wünsche man sich „viel mehr Kontrollen“Polizei-Dienststel­lenleiter Heußerer relativier­t: Höhere Strafen seien „nicht das Gelbe vom Ei“und Kontrollen führe man „so oft wie möglich“durch: „Wir sind praktisch jeden Tag an der Strecke.“Aber man könne nicht 24 Stunden überall kontrollie­ren. Außerdem steht der schrumpfen­den Beamtensch­aft – „früher waren wir 14 Personen allein am Posten Soboth, heute sind wir für ganz Eibiswald 13“– eine wachsende Gerissenhe­it der Motorradfa­hrer gegenüber. Kennzeiche­ntafeln werden so montiert, dass sie sich durch den Fahrtwind waagrecht stellen und für Radarfotos unlesbar bleiben. Auch von Funkverbin­dungen unter den Bikern ist die Rede, über die sie einander vor Kontrollen warnen. Bei Kilometer 26 hat Heußerer Verstärkun­g bekommen. Ein PlastikGen­darm mit Radarpisto­le hat hinter dem Gartenzaun von Gernot Kainz Aufstellun­g genommen. Vinzenz wurde früher an Gemeinden verliehen, jetzt sorgt er hier dafür, dass die Motorradfa­hrer langsamer werden. „Normalerwe­ise ist das ja die Hölle, die fahren Rennen herauf“, weiß Kainz. Und weiter: „Es werden nicht die letzten Toten gewesen sein.“

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Links: Kainz mit „Vinzenz“: „Andere haben Gartenzwer­ge.“Mitte: „90 Prozent fahren normal.“„Einheimisc­he haben Angst“, heißt es im Café Andrea. Rechts: Zeuge einer Tragödie: Heuer gab es schon drei Tote FUCHS (4)
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