Kleine Zeitung Kaernten

US-Politiker erzählen die bessere Story

Die linguistis­che Analyse von amerikanis­chen Politikerr­eden zeigt, wie sie mit Kürze und Verständli­chkeit punkten.

-

Wie aus dem Nichts betrat ein junger Senator im amerikanis­chen Präsidents­chaftswahl­kampf 2008 die politische Bühne: Smart, kämpferisc­h und vor allem redegewand­t eroberte Barack Obama das Weiße Haus

nicht zuletzt aufgrund seiner mitreißend­en Reden vor Millionen von Menschen – auch außerhalb der USA. Europa war mindestens so begeistert wie Obamas Wähler, eine Italieneri­n ganz besonders: die Linguistik­professori­n Marta Degani.

Noch heute forscht die Sprachwiss­enschaftle­rin, inzwischen am Institut für Anglistik und Amerikanis­tik der AAU, zu den Besonderhe­iten amerikanis­cher Wahlkampfr­eden: „Im Vergleich von Hillary Clinton und Donald Trump zeigte sich 2016, dass der jetzige Präsident eine wesentlich verständli­chere Sprache als seine Konkurrent­in nutzte. Seine Reden konnte auch ein Zehnjährig­er verstedama­ls, hen“, sagt Degani. Sie analysiert­e die Wahlkampfr­eden der beiden Kandidaten, indem sie einen Verständli­chkeitstes­t anwandte: Dabei stellte sich heraus, dass Clintons Reden zu 12 Prozent aus komplizier­ten Wörtern bestanden – bei Trump waren es hingegen nur sieben. Während Clintons Sätze im Durchschni­tt 16 Wörter beinhaltet­en, kam Trump gerade einmal mit zehn pro Satz aus.

Im Wahlkampf kommt es immer weniger auf die Inhalte an, sondern auf das Image, das sich Politiker

selbst verpassen.

Marta Degani

Degani ist damit einer Entwicklun­g in der politische­n Kommunikat­ion auf der Spur, die nicht nur in den USA zu verfolgen ist: „Im Wahlkampf kommt es immer weniger auf die Inhalte an, sondern auf das Image, das sich Politiker verpassen. Dazu passt auch der zunehmende Trend des Anti-Intellektu­alismus, der in der Politik um sich greift“, sagt Degani.

Storytelli­ng sieht sie als weiteren Aspekt, der in der politische­n Kommunikat­ion an Bedeutung gewinnt und aus den USA zunehmend nach Europa überschwap­pt: „Obama machte das besonders gut. Er erzählte Geschichte­n von sich und überbrückt­e so die Distanz zwischen sich und seinem Publikum. Europäisch­e Politiker können davon noch einiges lernen“, so die Linguistin.

 ??  ?? Vizepräsid­ent Pence liest vom allgegenwä­rtigen Teleprompt­er: In den US wird bei politische­n Reden nichts dem Zufall überlassen
AP, AAU/KK
Vizepräsid­ent Pence liest vom allgegenwä­rtigen Teleprompt­er: In den US wird bei politische­n Reden nichts dem Zufall überlassen AP, AAU/KK
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria