Bücherverbrennung in der Türkei
Regierung lässt Schulbücher vernichten und verschärft Internetzensur.
Die türkische Regierung hat seit dem Putschversuch vor drei Jahren 301.878 Bücher aus Schulen und Bibliotheken entfernen und vernichten lassen. Diese Zahl nannte jetzt Erziehungsminister Ziya Selçuk. Die Internetseite Kronos27 veröffentlichte Fotos, die Polizisten bei der Bücherverbrennung zeigen. Die Bücher wurden aus dem Verkehr gezogen, weil sie angeblich Hinweise auf Fethullah Gülen enthalten. Der islamische Geistliche, der seit 1999 in den USA im Exil lebt und von dort ein internationales Netzwerk von Stiftungen und Bildungseinrichtungen steuert, wird von der Regierung für den Putschversuch verantwortlich gemacht.
Nach Angaben des internationalen Autorenverbandes P.E.N. haben die türkischen Behörden seit dem Putschversuch 200 Medienunternehmen und Verlage geschlossen. Gegen 80 Schriftsteller wurden Ermittlungsverfahren wegen „Terrorpropaganda“eingeleitet. 34.000 Lehrer wurden entlassen. 1284 Privatschulen und 15 private Universitäten, die der Gülen-Bewegung zugerechnet wurden, ließ die Regierung per Dekret schließen. „Wir appellieren an die türki
schen Behörden, die Wiedereröffnung und unabhängige Arbeit geschlossener Verlage zu erlauben und die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung zu beenden“, fordert der Schriftstellerverband.
Aber die Regierung verschärft die Zensur. Anfang dieser Woche sperrte ein Gericht den Zugang zu 136 Internetseiten und Twitter-Konten. Die Verbote wurden auf Antrag der paramilitärischen Gendarmerie erlassen. Zur Begründung hieß es, die gesperrten Webseiten und Twitter-Konten stellten eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar. Betroffen von der Sperre ist auch die Webseite der unabhängigen Istanbuler Nachrichtenagentur Bianet. Die 1998 gegründete Agentur, die vor allem Menschenrechtsverletzungen und Gewalt gegen Frauen dokumentiert, finanziert sich zu einem großen Teil mit Geldern der EU, die über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) zugewiesen werden. Die Anwältin der Agentur, Meriç Eyübog˘lu, bezeichnete die Sperrung der Internetseite von Bianet als „schweren Angriff auf die Freiheit der Presse“.