Forscher warnen eindringlich: Die Erderwärmung treibt die Lebensmittelknappheit in vielen Teilen der Welt an.
Abholzung und Klimawandel führen zu Mangel an fruchtbaren Böden. Forscher des IPCC warnen: „Wir können nicht so weitermachen.“
Die Zahlen sind schwindelerregend hoch: Allein im heurigen Juli hat Brasilien laut den Daten des Weltraumforschungsinstituts INPE 2254 Quadratkilometer an Regenwaldfläche abgeholzt. Das entspricht fast der Ausdehnung Vorarlbergs und ist eine Steigerung um mehr als das Dreifache im Vergleich zum Juli des Vorjahres. Der Grund ist nicht nur der Hunger nach tropischem Holz, sondern auch jener nach freien Anbauflächen für Soja, Ölpalmen und andere Pflanzen. Paradoxerweise sind es jene Ausweitungen von Agrarflächen auf Kosten des Regenwalds, die indirekt die Nahrungsmittelknappheit in vielen Teilen der Welt befeuern.
Global sind Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzung nämlich für fast ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die dadurch fortschreitende Erderwärmung mit
ihren Begleiterscheinungen der wachsenden Dürre lässt das Nahrungsmittelangebot auf dem Planeten instabiler werden, wie Forscher des UNWeltklimarats IPCC in einem gestern präsentierten Sonderbericht warnen. „Wir können nicht weitermachen wie bisher“, sagt etwa Almut Arneth, Co-Autorin des Berichts.
107 Wissenschaftler
aus 53 Ländern haben für den 1200 Seiten umfassenden Sonderbericht unzählige Forschungsergebnisse aus aller Welt zusammengetragen und ausgewertet. Kernfrage: Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Landsysteme des Planeten aus und was sind die Folgen? Experten aus allen UNO-Staaten haben den Endbericht in den vergangenen Tagen in Genf Zeile für Zeile durchgearbeitet und schließlich zur Veröffentlichung freigegeben.
Alarmierend ist, dass der Anteil der Trockengebiete, die von Dürren betroffen sind, in den Jahren 1961 bis 2013 weltweit kräftig gewachsen ist – im Schnitt um ein Prozent pro Jahr. Diese Entwicklung geht laut den Forschern deshalb so rasch vor sich, weil sich die Landfläche des Planeten viel rascher erwärmt als die Wasserfläche. Konkret lag die Lufttemperatur über Land im Schnitt der Jahre
2006 bis 2015 um 1,53 Grad Celsius über den Werten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zählt man die Ozeane dazu, beträgt die Erwärmung 0,87 Grad.
Zur Folge hat das, dass sich die Vegetationszonen an Land verschieben. Während etwa Teile Asiens, Europas und Südamerikas in den vergangenen 30 Jahren grüner geworden sind, wurde die Vegetation in Teilen Nordamerikas, Zentralasiens, Nordeurasiens und Afrikas wegen Wassermangels brauner. In den kommenden Jahren soll die Dürreneigung nicht zuletzt rund um das Mittelmeer zunehmen.
Die Forscher des IPCC empfehlen, die gesamte Kette der Erzeugung und des Konsums von Nahrungsmitteln zu überdenken. Eine ausgewogene Ernährung, die stärker auf Getreide und Gemüse anstatt Fleisch setzt, könne beitragen, die Treibhausgasemissionen weltweit abzusenken.