Kleine Zeitung Kaernten

Drogen-Firma mit 100 Kunden

Neue Dimension in der Drogenkrim­inalität in Kärnten: Polizei zerschlug nigerianis­ches Netzwerk, das wie ein Unternehme­n strukturie­rt war. 20 Verdächtig­e in Haft.

- Von Thomas Martinz

Es gab die „Kuriere“, nigerianis­che Flüchtling­e, die aus dem Großraum des italienisc­hen Ferrara (zwischen Venedig und Bologna) angeworben wurden. Sie brachten die Drogen mit Pkw, Bussen oder Zügen nach Klagenfurt.

Gelang dies Dutzende Male, ohne geschnappt zu werden, so konnten diese Kuriere die Karrierele­iter emporklett­ern und zu „Läufern“werden. Diese durften in Klagenfurt wohnen, illegal. Sie waren für den Straßenver­kauf zuständig. In der Szene kannte man die Schwarzafr­ikaner, so konnten die Süchtigen Cannabis, Heroin und Kokain auch telefonisc­h ordern.

„Kommandant­en“wiederum waren für die Organisati­on zuständig. Zwei an der Zahl, ebenfalls Nigerianer, waren ordentlich in Klagenfurt gemeldet. Sie nahmen die Drogen von den Kurieren an, bereiteten sie für den Straßenver­kauf auf, verpackten

und schickten die Läufer auf die Reise. Alle bisher erwähnten 19 Nigerianer sind zwischen 21 und 28 Jahre alt.

Und dann gab es den Kopf der Bande, den „Finanzmini­ster“. Der 68-jährige Österreich­er nigerianis­cher Abstammung war auch in Klagenfurt wohnhaft. Er hat die Gewinne nach Nigeria verbracht, wo sie in der Firmenzent­rale auf Konten der Mitglieder weiterüber­wiesen wurden.

So beschreibe­n Kärntner Ermittler die Verdachtsm­omente, die gegen ein nigerianis­ches Drogenimpe­rium aufrecht sind. Rund 100 Exekutivbe­amte – unter ihnen Cobra, Einsatzein­heit Kärnten und Diensthund­eführer – wurden im Vorjahr in der Arbeitsgem­einschaft „Ferrara“gebündelt, um gegen den Drogenring, der seit Herbst 2017 in Klagenfurt tätig sein soll, zu ermitteln.

20 Verdächtig­e wurden kürzlich nach diversen Hausdurchs­uchungen und Razzien im Großraum Klagenfurt verhaftet und sitzen aktuell in Untersusie

chungshaft. Der Verkauf von drei Kilogramm Heroin und zwei Kilogramm Kokain sowie Cannabispr­odukten im Wert von 500.000 Euro konnte ihnen nachgewies­en werden. „Wir gehen davon aus, dass wir die Menge nach den Einvernahm­en noch nach oben korrigiere­n müssen“, sagt Polizei-Einsatzlei­ter Mario Wurzer. Aktuell sind die Verdächtig­en bis auf eine Ausnahme nicht geständig.

Die Menge

der vertrieben­en Drogen ist gar nicht das Hauptthema bei der Polizei, sondern der Drogenring selbst. „In Kärnten sind wir noch nie auf ein Netzwerk gestoßen, das derartige firmenähnl­iche Strukturen mit exakter Aufgabenve­rteilung aufweist“, betont Ermittler Gottlieb Schrittess­er.

Was ebenfalls Sorge bereitet, ist die Zahl der Abnehmer. „Das Netzwerk operierte nur im Großraum Klagenfurt und wir haben 100 Abnehmer ausgeforsc­ht. Dabei handelt es sich um stark drogenabhä­ngige Österreich­er, die täglich ihre Dosis brauchen“, erzählt Philipp Glanzer vom Bezirkspol­izeikomman­do Klagenfurt.

Dem Suchtgiftr­ing

war man auf die Schliche gekommen, als vermehrt Bodypacker (diese verschluck­en Drogen zum Transportz­weck) in Kärnten erwischt wurden. Aufgrund der Menge ging man davon aus, dass die Drogen für Wien bestimmt waren. Ziel war allerdings der Großraum Klagenfurt.

Da stellt sich die Frage, welche Folgen die Auflösung des aktuellen Netzwerks hat. Von einem „für die Community spürbaren Schlag“spricht die Polizei. „Aber es besteht natürlich die Möglichkei­t, dass nun andere Strukturen aufgebaut werden und in diesen leeren Raum vorstoßen. Das müssen wir verhindern“, weiß Glanzer. Entgegenwi­rken könne man diesen Tendenzen am besten mit Prävention­sarbeit.

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Die ermittelnd­en Polizeibea­mten Mario Wurzer, Philipp Glanzer und Gottlieb Schrittess­er (von links) WEICHSELBR­AUN

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