Drogen-Firma mit 100 Kunden
Neue Dimension in der Drogenkriminalität in Kärnten: Polizei zerschlug nigerianisches Netzwerk, das wie ein Unternehmen strukturiert war. 20 Verdächtige in Haft.
Es gab die „Kuriere“, nigerianische Flüchtlinge, die aus dem Großraum des italienischen Ferrara (zwischen Venedig und Bologna) angeworben wurden. Sie brachten die Drogen mit Pkw, Bussen oder Zügen nach Klagenfurt.
Gelang dies Dutzende Male, ohne geschnappt zu werden, so konnten diese Kuriere die Karriereleiter emporklettern und zu „Läufern“werden. Diese durften in Klagenfurt wohnen, illegal. Sie waren für den Straßenverkauf zuständig. In der Szene kannte man die Schwarzafrikaner, so konnten die Süchtigen Cannabis, Heroin und Kokain auch telefonisch ordern.
„Kommandanten“wiederum waren für die Organisation zuständig. Zwei an der Zahl, ebenfalls Nigerianer, waren ordentlich in Klagenfurt gemeldet. Sie nahmen die Drogen von den Kurieren an, bereiteten sie für den Straßenverkauf auf, verpackten
und schickten die Läufer auf die Reise. Alle bisher erwähnten 19 Nigerianer sind zwischen 21 und 28 Jahre alt.
Und dann gab es den Kopf der Bande, den „Finanzminister“. Der 68-jährige Österreicher nigerianischer Abstammung war auch in Klagenfurt wohnhaft. Er hat die Gewinne nach Nigeria verbracht, wo sie in der Firmenzentrale auf Konten der Mitglieder weiterüberwiesen wurden.
So beschreiben Kärntner Ermittler die Verdachtsmomente, die gegen ein nigerianisches Drogenimperium aufrecht sind. Rund 100 Exekutivbeamte – unter ihnen Cobra, Einsatzeinheit Kärnten und Diensthundeführer – wurden im Vorjahr in der Arbeitsgemeinschaft „Ferrara“gebündelt, um gegen den Drogenring, der seit Herbst 2017 in Klagenfurt tätig sein soll, zu ermitteln.
20 Verdächtige wurden kürzlich nach diversen Hausdurchsuchungen und Razzien im Großraum Klagenfurt verhaftet und sitzen aktuell in Untersusie
chungshaft. Der Verkauf von drei Kilogramm Heroin und zwei Kilogramm Kokain sowie Cannabisprodukten im Wert von 500.000 Euro konnte ihnen nachgewiesen werden. „Wir gehen davon aus, dass wir die Menge nach den Einvernahmen noch nach oben korrigieren müssen“, sagt Polizei-Einsatzleiter Mario Wurzer. Aktuell sind die Verdächtigen bis auf eine Ausnahme nicht geständig.
Die Menge
der vertriebenen Drogen ist gar nicht das Hauptthema bei der Polizei, sondern der Drogenring selbst. „In Kärnten sind wir noch nie auf ein Netzwerk gestoßen, das derartige firmenähnliche Strukturen mit exakter Aufgabenverteilung aufweist“, betont Ermittler Gottlieb Schrittesser.
Was ebenfalls Sorge bereitet, ist die Zahl der Abnehmer. „Das Netzwerk operierte nur im Großraum Klagenfurt und wir haben 100 Abnehmer ausgeforscht. Dabei handelt es sich um stark drogenabhängige Österreicher, die täglich ihre Dosis brauchen“, erzählt Philipp Glanzer vom Bezirkspolizeikommando Klagenfurt.
Dem Suchtgiftring
war man auf die Schliche gekommen, als vermehrt Bodypacker (diese verschlucken Drogen zum Transportzweck) in Kärnten erwischt wurden. Aufgrund der Menge ging man davon aus, dass die Drogen für Wien bestimmt waren. Ziel war allerdings der Großraum Klagenfurt.
Da stellt sich die Frage, welche Folgen die Auflösung des aktuellen Netzwerks hat. Von einem „für die Community spürbaren Schlag“spricht die Polizei. „Aber es besteht natürlich die Möglichkeit, dass nun andere Strukturen aufgebaut werden und in diesen leeren Raum vorstoßen. Das müssen wir verhindern“, weiß Glanzer. Entgegenwirken könne man diesen Tendenzen am besten mit Präventionsarbeit.