Kleine Zeitung Kaernten

Hofer legt sich fest: „Mit ÖVP oder in Opposition.“

INTERVIEW. FPÖ-Chef Norbert Hofer legt sich fest: Er will Türkis-Blau fortsetzen – aber Punkte wie verpflicht­ende Volksabsti­mmungen und Klimamaßna­hmen nachverhan­deln.

- Von Georg Renner

Zuletzt hat es so gewirkt, als ob sich die FPÖ intensiver mit ihrer Vergangenh­eit beschäftig­t als mit der Zukunft – Historiker­kommission, Ibiza, Kickl. Wann kommen die Konzepte, die die FPÖ für die Zukunft hat?

NORBERT HOFER: Wir haben abfragen lassen, welche Themen die Österreich­er derzeit besonders bewegen. An allererste­r Stelle steht die Frage, welche Koalition es nach der Wahl geben wird. Man weiß auch, wo wir inhaltlich stehen. Es gibt das Regierungs­programm von 2017, das wir fortsetzen wollen, ergänzt um einen Schwerpunk­t „direkte Demokratie“– das wird bei den Verhandlun­gen mit der ÖVP wohl der Knackpunkt werden.

Sie glauben, das wichtigste Thema für die Wähler sei, wer nach der Wahl mit wem koaliert?

Mit Abstand.

Sie haben sich festgelegt, mit der ÖVP weiterregi­eren zu wollen. Schränken Sie da nicht Ihren Spielraum ein, wenn die ÖVP weiß, Sie haben nur eine Option?

Es ist eine bewusste Einschränk­ung. In anderen Ländern ist es üblich, dass Parteien sagen, mit wem sie nach Wahlen in Koalition gehen. In Österreich war das bisher noch nie der Fall. Wir machen das zum ersten Mal, damit jeder weiß, wenn er seine Stimme abgibt, woran er ist. Für uns gibt es nur die Koalition mit der ÖVP oder Opposition. Das sind die zwei Möglichkei­ten.

Ihr burgenländ­ischer Landespart­eichef Tschürtz wünscht sich auch im Bund eine rot-blaue Koalition unter Hans Peter Doskozil.

Man muss verstehen, dass er im Burgenland in einer sehr erfolgreic­hen Koalition mit der SPÖ ist. Aber das ist nicht auf Bundeseben­e übertragba­r. Erstens geht sich das mathematis­ch nicht aus, zweitens ist die Bundes-SPÖ anders aufgestell­t als die SPÖ im Burgenland. Doskozil will sowieso Landeshaup­tmann im Burgenland bleiben, also die Frage stellt sich nicht.

Zur direkten Demokratie: Im Regierungs­programm war vorgesehen, dass Volksbegeh­ren ab 900.000 Unterschri­ften verpflicht­end zur Volksabsti­mmung führen. Das möchte ich eben ändern. Die ÖVP hatte in den Regierungs­verhandlun­gen 2017 Bedenken, dass bei einer geringeren Schwelle permanent kampagnisi­ert wird, von der Arbeiterka­mmer, der Opposition oder auch durch Medien – 900.000 konnte sie sich gerade noch vorstellen. Wir finden, dass diese Schwelle zu hoch ist. Direkte Demokratie funktionie­rt auch in anderen Ländern. Die Menschen bilden sich eine Meinung, dann wird abgestimmt. Die Schmerzgre­nze sind für mich zehn Prozent, das sind rund 600.000 Unterschri­ften.

Dann wäre aus dem Rauchverbo­tsvolksbeg­ehren eine Volksabsti­mmung geworden und das von der FPÖ bekämpfte Rauchverbo­t noch schneller gekommen ...

Das ist das Wesen der direkten Demokratie. Und wie es ausgegange­n wäre, das kann man nicht sagen, denn dann hätten auch beide Seiten ihre Argumente vorgebrach­t. Ich glaube, dass man damit die politische Diskussion in Österreich auf ein völlig neues Niveau hebt. Da würde weniger darüber diskutiert werden, welche Krawatte ein Politiker trägt, sondern welche Inhalte es gibt.

Heißt das, das ist eine absolute Bedingung für eine Koalition?

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ich hier nachgebe. Ich habe mir vorgenomme­n, keine roten Linien zu zeichnen, aber ich werde hier sehr hartnäckig sein.

Sie haben auch den CO2-Ausstieg angesproch­en. Derzeit ist

Österreich auf Kurs, seine Verpflicht­ungen zu verfehlen.

Wir wollen den Weg fortsetzen, den ich als Infrastruk­turministe­r begonnen habe. Die Dekarbonis­ierung im Individual­verkehr zu unterstütz­en, auch durch Förderunge­n, das Netz an E-Tankstelle­n zu verdichten, aber auch jetzt in den Wasserstof­f zu gehen. Der zweite Bereich ist der öffentlich­e Verkehr. Es braucht die Nahverkehr­smilliarde, damit nicht nur Wien unterstütz­t wird, sondern auch andere Städte.

Bis wann soll Individual­verkehr ohne CO2-Ausstoß funktionie­ren?

Ich glaube, der große Schwung wird mit dem autonomen Fahren Mitte der 2030er kommen. In den 2040ern sollte der Verkehr völlig dekarbonis­iert sein.

Das ist doch viel zu spät, wenn man sich die aktuellen Klimaberic­hte der UNO anschaut.

Es gibt eine Maßnahme, die rasch wirkt und die wollten wir auch umsetzen: den Bio-Anteil im Sprit zu erhöhen. Wenn ich von E5 auf E10 gehe, habe ich sofort massive Ergebnisse.

Das bringt bei Weitem nicht genug, um die Ziele zu erreichen.

Aber es ist eine sofort wirksame Maßnahme, die ich im Augenblick umsetzen kann. Den größten Brocken erreiche ich über Ausbau des öffentlich­en Verkehrs. Es muss so attraktiv sein, mit den Öffis zu fahren, dass ich das wirklich nutze.

Eine andere sofort umsetzbare und wirksame Maßnahme wäre die Reduktion von Tempolimit­s. Genau das Gegenteil von dem, was Sie als Minister mit Ihrem 140erPilot­versuch angedacht haben.

Ich habe einen anderen Zugang. Ich bin dafür, die Dekarbonis­ierung rasch voranzutre­iben, weil die Geschwindi­gkeit keine Rolle spielt. Was ich noch vorschlage: dass wir nicht nur bei den Förderunge­n ansetzen. Wir müssen weiterhin massiv in Photovolta­ik investiere­n und einen eigenen großen Förderschw­erpunkt in die Speicherte­chnik setzen. Und wir müssen in der Steuerpoli­tik ansetzen, und Energie aus Erneuerbar­en anders besteuern als Fossile oder Kernkraft.

Woher soll das Geld kommen?

Es ist umgekehrt: Es wird sehr teuer, wenn wir es nicht tun.

Eine CO2-Steuer haben Sie ausgeschlo­ssen.

Wir haben mit der Mineralöls­teuer schon eine CO2-Steuer – die viel treffsiche­rer wirkt als zum Beispiel die Nova.

Glauben Sie, dass sich das mit dem jetzigen Budget ausgeht?

Ja, das geht sich aus. Man darf nicht vergessen, dass erneuerbar­e Energie im Land produziert wird, dass im Land dadurch Arbeitsplä­tze entstehen und dadurch wieder Steueraufk­ommen vorhanden sind. Das geht sich aus.

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