Kleine Zeitung Kaernten

Wenn Vögel in Städten wie Klingeltön­e klingen

Tiere passen sich im Großstadtd­schungel an. Ein Buch beschreibt, was alles passiert.

- Ingo Hasewend

Es gibt Klingeltön­e auf Mobiltelef­onen, die wie Vogelstimm­en klingen. Doch es geht auch anders herum. Forscher, die sich mit Vögeln auskennen, berichten davon, dass einige Arten typische Klingeltön­e imitieren. Dohle, Star und Eichelhähe­r verwirren damit selbst Vogelkundl­er – vor allem in den Städten. Auch scheue Tiere wie der Eichelhähe­r ziehen immer häufiger in die Ballungsrä­ume, passen sich ihrem neuen Lebensumfe­ld an und ahmen die Geräusche der Menschen nach. Amseln wiederum sind größer, dicker und lauter als ihre Artgenosse­n im Wald. Sie haben zudem jede Scheu vor Menschen sowie seinen domestizie­rten Weggefährt­en Hund und Katze verloren. Die rasante Anpassung vieler Tiere an den Großstadtd­schungel beschreibt der niederländ­ische Professor für Evolutions­biologie, Menno Schilthuiz­en, vom Zentrum für Biodiversi­tät an der Universitä­t Leiden in seinem Buch „Darwin in der Stadt“. Fuchs, Wildschwei­n und Waschbär sind längst in den Vororten von Metropolen wie Berlin regelmäßig anzutreffe­n. Der Waschbär Alex bewohnte sogar mehrere Jahre ein Parkhaus am Alexanderp­latz in Berlins Mitte. Aber auch Kaninchen, Marder oder Rehe bewohnen Parks sowie Kleingarte­nkolonien und haben ihr Verhalten verändert. Schilthuiz­en schreibt etwa vom berühmtest­en Beispiel der städtische­n Evolution, dem Birkenspan­ner. Der Schmetterl­ing hatte noch vor 150 Jahren stets weiße Flügel, die mit der Industrial­isierung und der zunehmend schmutzige­ren Luft stetig grauer werden. Der Wissenscha­ftler beschreibt lebendig und leidenscha­ftlich, welche Selektions­faktoren auf den Betonpiste­n und Wänden der Großstadt wirken und was die Evolution dabei herausgebr­acht hat. Er nennt auch die Gründe, warum es so viele Tiere in die Nähe der Menschen und in eine (ursprüngli­ch) naturfeind­liche Umgebung zieht. Dabei wirft er auch einen Blick auf die Pflanzenwe­lt, wie sie mit der enormen Belastung aus Luft und Boden umgeht. Es sind viele überrasche­nde Facetten, die das Buch liefert und es zu einem schönen Lesewerk auch für Nichtbiolo­gen macht.

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368 Seiten. 22,70 Euro..
Menno Schilthuiz­en. Darwin in der Stadt. dtv Sachbuch. 368 Seiten. 22,70 Euro..

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