„Es gab den einen oder anderen Bauchfleck“
INTERVIEW. Snowboard-Queen Anna Gasser (27) erzählt über ihre Erinnerungen an den Sprungturm in Millstatt, warum Sie nicht im Olympiazentrum in Klagenfurt trainiert, Privates und vieles mehr. Von Denise Maryodnig
Frau Gasser. Sie stammen aus Millstatt, doch wie ist Ihr Bezug zum Olympiazentrum in Klagenfurt? Hier trainieren ja zahlreiche Kärntner Top-Athleten.
ANNA GASSER: Ich bin das ganze Jahr so viel unterwegs und habe daher keine fixe Anlaufstelle für das Konditionstraining wie das Olympiazentrum in Klagenfurt. Wenn ich zu Hause bin, trainiere ich in einem Fitnesscenter in Spittal. Dazu hat mich „Technogym“mit zahlreichen Fitnessgeräten ausgestattet. Die größeren nutze ich zu Hause, die kleineren unterwegs, wenn
ich mit dem Auto quer durch Europa zu Contests oder zum Training auf dem Weg bin. Und wenn ich verletzt bin, fahr ich zur Rehabilitation nach Salzburg ins Red-Bull-Haus. Dann zurück zu Ihren Ursprüngen. Wie fühlen Sie sich als Patin des Millstätter Sprungturms? Richtig gut! Wobei ich gestehen muss, dass es ungewohnt war, gebodypainted zu werden. Meine Schwester Eva und ich haben uns nicht mehr erkannt und uns gefühlt wie im Film ‚Avatar‘. Dass ich als Erste hinunterspringen durfte, war eine große Ehre, zugleich war ich extrem nervös, doch letztlich war es ein unvergesslicher Moment. Apropos unvergesslich. Wie haben Sie die Tragödie vor zehn Jahren als damals 17-Jährige erlebt? Ich kann mich erinnern, dass ich im Strandbad war. Von einem auf den anderen Moment brach Hektik aus, Badegäste, Taucher, die Rettung, der Hubschrauber, alles war im Einsatz. Das war ein schrecklicher Moment. Dann zu den schönen Erinnerungen. Wie sehen diese aus? Es war jeden Sommer ein fixer Treffpunkt der Jugend. Es gab wenig Regeln und es ging wirklich rund. Der Turm selbst ist Teil meiner Kindheit. Es ist schön, dass er wieder offen ist. Doch wenn man Sie kennt, ist klar, dass Sie nicht irgendwie ins Wasser springen, stimmt’s? Genau, ich mache selten etwas Unüberlegtes. Mit zwölf Jahren hatte ich meine ersten Rückwärtssalto-Versuche. Den einen oder anderen Bauchfleck gab es natürlich, aber ich hab immer weitergemacht. Sprünge und Höhe sind genau Ihres. Doch was macht genau diesen Reiz aus? Ich liebe dieses Freiheitsgefühl, in der Luft zu sein und einfach an nichts denken zu müssen. Es ist eine Art von Adrenalinkick.
Badeanzug oder Bikini?
Ich würde sagen beides. Zum Braunwerden muss selbstverständlich der Bikini her, beim
Turmspringen ist der Badeanzug ganz klar die bessere Wahl.
Gibt’s Problemzonen?
Klar, der Bauch könnte trainierter sein (lacht). Dann passt der Wechsel zum Thema Kochen. Im Jänner sind Sie daheim ausgezogen, in Ihre erste eigene Wohnung. Wie läuft’s? Es ist schön, sein eigenes Reich zu haben, aber Arbeit steht nun mehr an. Bei Mama bin ich ja immer sehr verwöhnt worden. Was mögen Sie gar nicht? Putzen ist gar nicht meins, Kochen wird langsam, doch von einer guten Hausfrau bin ich weit entfernt. Mein Freund Clemens und ich bestellen gern, wir lieben Italienisch und im Strandbad bekomm ich seit meinen Olympiasieg lebenslang Hotdogs. Die sind richtig lecker.
Was vermissen Sie am meisten?
Die gemachte Wäsche und das gute Essen, wobei ich daheim immer gern willkommen bin. Ist Ihr Freund mit eingezogen? Er ist sehr oft bei mir, quasi inoffiziell ist er eingezogen.
Hilft er mit?
Doch, ich hab ihn gut erzogen. Er räumt alles brav zusammen. Da muss die Frage erlaubt sein. Können Sie auch zickig sein? Oja! Die Kombination aus Hunger und Müdigkeit ist sehr gefährlich, aber sonst bin ich ein sehr umgänglicher Mensch.
Sonst eine Macke?
Ich lasse gerne Dinge liegen, egal wo, egal was. Aber wie sagt Clemens so schön: ‚Ich bin mackenlos‘. Das find ich echt süß. Dann hätten wir das Private. Gehen wir zum Sportlichen über. Was stand auf dem Programm? Das war der erste Sommer seit einer Ewigkeit, in dem ich unverletzt war, deshalb war ich bis Juni auf Schnee. In den letzten Wochen war ich in den USA bei Sponsorterminen, unter anderem wurde mit Burton gedreht. Danach ging es zu einem Snowboard-Kinder-Camp und am Schluss hab ich ein paar Tage Urlaub angehängt und Freunde in Kanada besucht. Wie sehen jetzt die nächsten Wochen bei Ihnen aus? Ab sofort geht das richtige Training, die intensive Vorbereitung, los. Jetzt waren wir in Tirol beim Trockentraining und jetzt geht’s weiter in die Schweiz. Ich lasse heuer zum ersten Mal nach sechs Jahren Australien und Neuseeland aus und werde daheim trainieren.
Warum die Entscheidung?
Auf der einen Seite hab ich gemerkt, dass mir ein paar zusätzlich Sonnentage einfach guttun. Auf der anderen Seite sind am 31. August die X-Games in einer Konzerthalle in Oslo. Das wollt ich mir nicht entgehen lassen.
Worauf liegt heuer Ihr Fokus?
Es ist entspannter, da es kein Großereignis gibt. Red Bull macht ein Jahr lang einen Film mit mir, der dann ausgestrahlt wird. Fad wird mir also nicht.