Kleine Zeitung Kaernten

Wie ÖVP, SPÖ und FPÖ Staatsbetr­iebe mit ihren Leuten besetzten.

Das Machtspiel von Schwarz, Rot und Blau: Von rund 3000 Managerpos­ten, die Regierunge­n in den vergangene­n 25 Jahren vergeben hatten, ging rund die Hälfte an eindeutig parteinahe Führungskr­äfte.

- Von Georg Renner

Bitte daher im Ministerra­t keinesfall­s der BMF-Vorlage zustimmen (auch wenn Fuchs zugestimmt haben sollte)“– so endete eine vergangene­n Herbst durch Zufall publik gewordene SMS des damaligen Vizekanzle­rs und FPÖChefs Heinz-Christian Strache, mit der er verhindern wollte, dass die Bankenaufs­icht aus der Nationalba­nk in die Finanzmark­taufsicht wandert.

Der Grund für Straches eigentlich für Regierungs­kollegen gedachte Interventi­on: Durch eine solche Verlagerun­g hätte das Direktoriu­m der Nationalba­nk von vier auf drei Mitglieder verkleiner­t werden sollen – und das passte Strache gar nicht, denn: „Wie sollen wir einen 4. Direktor argumentie

wenn dieser keine Arbeit mehr hat? Sonst muss der zweite Direktor auch von uns sein.“

Es ging also ganz banal um Jobs – um ein türkis-blaues Gleichgewi­cht bei der Besetzung von Posten im Führungsgr­emium der Nationalba­nk. Was dann auch nach Straches Wunsch so kam: Zwei Jobs für die ÖVP bekamen Thomas Steiner und Gottfried Haber, zwei weitere Eduard Schock und Robert Holzmann für die FPÖ.

Es war einer der seltenen Fälle, in denen offen sichtbar geworden ist, wie die Regierungs­parteien hinter den Kulissen um Jobs, Macht und Einfluss pokern. Wegen einer anderen Besetzung sind Strache und seine Umgebung jetzt ins Visier der Korruption­sermittler geraten: Die Besetzung des Finanzvors­tands der Casinos Austria – noch zu einem Drittel in Staatsbesi­tz – mit dem nach Einschätzu­ng eines Personalbe­raters dafür offenbar nicht qualifizie­rten FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo hat diese Woche zu mehreren Hausdurchs­uchungen sowie der Beschlagna­hme von unter anderem Straches Mobiltelef­on geführt.

In welchem Ausmaß die bisherigen Regierungs­parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ in den vergangene­n Jahrzehnte­n jeweils „ihre“Leute in die Gremien von Staatsbetr­ieben hineingese­tzt haben, hat die Recherchep­lattform „Addendum“erhoben. Ausgehend von Forschungs­ergebnisse­n des Politikwis­senschaftl­ers Laurenz Ennser-Jedenastik von der Universitä­t Wien hat das Medium nachgezeic­hnet, wie viele Vorstände, Geschäftsf­ührer und Aufsichtsr­en, räte mit parteinahe­m Personal besetzt wurden.

Das Ergebnis: Von rund 3000 Jobs, die zwischen 1995 und 2019 von der Regierung besetzt wurden, ging rund die Hälfte an Personen, die eindeutig Parteien zuzuordnen waren – durch Mitgliedsc­haft, Kandidatur oder Mitarbeit bei einer solchen.

Und zwar zufällig bei einer der Parteien, die gerade die Regierung stellten: Der Anteil SPÖ-naher Manager sank kurz nach der Übernahme der blauschwar­zen Regierung Schüssel Anfang der Nullerjahr­e – um 2006, nach der Ablöse Schüssels durch Alfred Gusenbauer (SPÖ), wieder sprunghaft anzusteige­n. Und wieder zugunsten blauer Sympathisa­nten sank, als Strache und die FPÖ 2017 an die Macht kamen.

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