Kleine Zeitung Kaernten

Peking bringt seine Truppen vor Hongkong in Stellung

Experten sind der Meinung: Ein „Tian’anmen“in Hongkong wäre ein enormes Risiko für China. Die Regierung in Peking hat aus der blutigen Niederschl­agung der Proteste von 1989 gelernt.

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Die verschärft­e Rhetorik Pekings gegenüber der Protestbew­egung in Hongkong und die demonstrat­ive Einsatzber­eitschaft des Militärs haben in der Sonderverw­altungszon­e Ängste vor einer blutigen Niederschl­agung geschürt. Doch ein neues „Tian’anmen“birgt nach Ansicht von Experten enorme wirtschaft­liche und politische Gefahren für die Zentralreg­ierung.

„Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um“: Die unverhohle­ne Drohung des chinesisch­en Staatsrats vor mehr als einer Woche läutete einen neuen Tonfall gegenüber den Demonstran­ten ein. Mit Blick auf die teils gewalttäti­gen Proteste am Hongkonger Flughafen sprach die Regierung in Peking von „terrorarti­gen Aktivitäte­n“.

Die Volksbefre­iungsarmee

schickte Militärfah­rzeuge zu „groß angelegten Übungen“in die an der Grenze zu Hongkong gelegene Stadt Shenzhen. Zuvor hatte die Armee ein Video aus ihrer Hongkonger Garnison veröffentl­icht, auf dem eine Übung zu sehen war, in der bewaffnete Soldaten gegen Demonstran­ten vorgehen.

Auch Donald Trump hat darauf hingewiese­n, dass China Truppen an der Grenze in Stellung bringt. Darüber sei er von den US-Geheimdien­sten informiert worden, schrieb der Präsident auf Twitter. Alle Parteien sollten in dieser Lage Ruhe bewahren und für Sicherheit sorgen. Kurz zuvor hatte Trump im Hinblick auf die angespannt­e Lage gesagt: „Ich hoffe, niemand wird verletzt. Ich hoffe, niemand wird getötet.“

sehen in den Drohgebärd­en vor allem eine Taktik der Einschücht­erung – denn ein Militärein­satz hätte einen hohen politische­n und wirtschaft­lichen Preis. Für Peking sei die Drohung ein Mittel, „um Demonstran­ten abzuschrec­ken“, sagte der Experte Ben Bland vom Lowy-Institut in Sydney. Aus seiner Sicht sind die Risiken einer Militärint­ervention sowie der Ansehensve­rlust und die Gefahr einer wirtschaft­lichen Stagnation infolge eines solchen Einsatzes für Peking beträchtli­ch. Die Niederschl­agung der Proteste auf dem Tian’anmen-Platz in Peking 1989 mit mehr als 1000 Toten hatte China in eine wirtschaft­liche Krise gestürzt und internatio­nales Ansehen gekostet.

Die Stabilität der wichtigen Finanzmetr­opole Hongkong ist zudem auch für die Wirtschaft in Festlandch­ina von großer Bedeutung. Bilder von chinesisch­en Panzern in der ehemaligen britischen Kronkoloni­e, deren Rückgabe an China 1997 mit der für 50 Jahre geltenden Garantie grundlegen­der Freiheiten durch Peking verbunden war, würden weltweit Schlagzeil­en machen und wohl auch die Aussichten auf eine Wiedereing­liederung der demokratis­ch regierten Insel Taiwan in die Volksrepub­lik mindern.

Doch China hat aus 1989 gelernt, betont Wu Qiang. Seither habe Peking immer wieder an Austauschp­rogrammen mit europäisch­en und US-Polizeitru­ppen teilgenomm­en, sagte der ehemalige Politikdoz­ent an der Tsinghua-Universitä­t in Peking. Dabei sei es teilweise auch daExperten rum gegangen, wie Unruhen und friedliche­n Protesten begegnet werden könne. Ob Peking in der Lage sei, diese Methoden anzuwenden, sei eine andere Frage, sagte Wu: „Die Regierung hat keine Erfahrung mit Einsätzen gegen Proteste in einer freien Gesellscha­ft – sie befindet sich noch in einer Lernphase.“Mit den Militärübu­ngen will Peking aus Wus Sicht ein Übergreife­n „auf Festlandch­ina“verhindern.

Wegen der Risiken eines Militärein­satzes hält der Hongkonger Sinologe Willy Lam ein verdecktes Vorgehen chinesisch­er Truppen in der Sonderverw­altungszon­e für möglich. Anstelle eines offenen Einmarsche­s könnte Peking Einheiten schicken, „die die Uniform der Hongkonger Polizei tragen“, sagte Lam. Gerüchte, wonach bereits jetzt verdeckte Einsatzkrä­fte die Truppen in Hongkong verstärken, hatte die Polizei vehement zurückgewi­esen.

Am Dienstag hielten Aktivisten im Flughafen vorübergeh­end einen Chinesen fest, den sie für einen verdeckt ermittelnd­en Polizisten hielten. Nach chinesisch­en Angaben soll es sich bei ihm um einen Besucher aus Shenzhen gehandelt haben. Zudem wurde ein Mann verprügelt, dem Demonstran­ten vorwarfen, ein „Spion“zu sein. Die Zeitung „Global Times“gab an, der Mann sei einer ihrer Reporter gewesen. Nach zwei Tagen mit chaotische­n Zuständen hatten Demonstran­ten am Mittwoch Flugblätte­r verteilt, auf denen sie sich bei den Touristen für die Störungen des Flugbetrie­bs entschuldi­gten.

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APA (2) Wegen der anhaltende­n Proteste in Hongkong bringt China seine Truppen in Shenzhen wie im Stadion in Stellung
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