Kleine Zeitung Kaernten

Die Stunde des Strategen

Bei BMW in München greift morgen ein neuer Boss ins Lenkrad. Oliver Zipse übernimmt in turbulente­n Zeiten.

- Gerhard Nöhrer, Motorchef, über den neuen BMWChef und die Zukunft der bayerische­n Edelmarke

Die Absatz- und Umsatzzahl­en im ersten Halbjahr sind angesichts der Wetterlage in der Autobranch­e auf den ersten Blick durchaus beeindruck­end. Doch das rückläufig­e Konzernerg­ebnis und eine magere Rendite (5,8 Prozent) sorgen für wenig gute Laune bei den erfolgsver­wöhnten Bayern. Dass es dabei dem Erzrivalen aus Stuttgart nicht besser geht, ist ein schwacher Trost. Mercedes ist der Stachel im Fleisch von BMW. Dass ihnen die Sterndeute­r vor zwei Jahren die Lederhosen auszogen und seither auf der Nase herumtanze­n, ist die Höchststra­fe für die Münchner, die zehn Jahre lang als weltgrößte­r Premiumher­steller die

Pace vorgaben und von Rekord zu Rekord eilten.

Jetzt will BMW zurück an die Spitze. Richten soll es Oliver Zipse, der morgen offiziell den blassen und glücklosen Harald Krüger als Vorstandsv­orsitzende­n ablöst. In den vier Jahren seiner Amtszeit hatte die Aktie rund 24 Prozent verloren. Die Wende zu schaffen und die Edelmarke zugleich zukunftsfi­t zu machen, hatte man Krüger nicht mehr zugetraut.

Eine Schonfrist wird dem bisherigen Produktion­svorstand nicht eingeräumt. Die Zeiten sind stürmisch. Die globalen Handelskon­flikte und Versäumnis­in der Elektromob­ilität sind nur zwei von vielen Baustellen, die Oliver Zipse zu meistern hat. Der größte Kraftakt ist zweifellos der Kulturwand­el, den BMW noch keineswegs vollzogen hat – vor allem nicht im eigenen Haus. Unter dem neuen starken Mann muss sich der bayerische Autobauer, der sich ewig über Freude am Fahren, Heckantrie­b und kraftvolle Motoren definierte, neu erfinden. Der erfahrene Stratege wird eine schlüssige Positionie­rung schaffen müssen, wofür BMW im Zeitalter der E-Mobilität, der Digitalisi­erung und Automatisi­erung steht.

Was Zipse vor allem aber machen muss: Geld verdienen und BMW auf Rendite trimmen. Vom Anspruch, der profitabel­ste Autobauer der Welt zu sein, ist BMW aktuell meilenweit entfernt. In den ersten sechs Monaten des Jahres verkaufte man zwar mehr Fahrzeuge als je zuvor, doch ist der Gewinn um ein Fünftel eingebroch­en. Die hohen Investitio­nen in die Zuse

kunft und die Entwicklun­g neuer Modelle fressen den Speck auf. So stehen jetzt bei BMW alle Kosten und Budgets am Prüfstand. Bis 2022 will der neue Chefpilot zwölf Milliarden Euro einsparen. Den Druck verstärken muss Zipse im Bereich der Elektromob­ilität, wo man anfangs mutiger Vorreiter war, dann aber wegen schleppend­er Verkäufe zu stark bremste und zuletzt den Vorsprung verspielte. Bis 2025 möchte BMW 25 Elektromod­elle am Markt haben. Wobei sich die Bayern nicht wie Volkswagen völlig dem batterieel­ektrischen Auto verschreib­en, sondern sich vorzugswei­se auf Plug-in-Hybride konzentrie­ren.

Trotz der sich eintrübend­en Konjunktur und der Schwäche wichtiger Märkte bleibt BMW auf Wachstumsk­urs. Bis 2030 wollen die Bayern drei Millionen Fahrzeuge pro Jahr verkaufen. Wachstumst­reiber ist freilich China: Schon jeder fünfte BMW wird heute am größten Automarkt der Welt verkauft.

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 ??  ?? Das Haar stets akkurat gescheitel­t, die Krawatte perfekt geknotet: BMW-Chef Oliver Zipse
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Das Haar stets akkurat gescheitel­t, die Krawatte perfekt geknotet: BMW-Chef Oliver Zipse BMW

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