Köstliches Kulturgut
Weltkulturerbe-Wächter der Unesco loben Einsatz für Österreichs Mehlspeisen. Doch Kämpfer für das Süße sehen sie auch in Gefahr.
Es läuft einem das Wasser im Mund zusammen, wenn Alfred Fiedler von Mehlspeisen nur erzählt: „Es gibt so eine Vielfalt: von den Liebstattherzen in Oberösterreich bis hin zum Kärntner Reindling. Die Mehlspeisen machen Österreich einzigartig“, sagt der Obmann der „Freunde der österreichischen Mehlspeiskultur“.
Der Kämpfer für das Süße sieht sich nun bestätigt – durch eine Entscheidung der UN-Kulturorganisation Unesco. Wie gestern bekannt wurde, ist Österreichs Mehlspeiskultur nun Teil eines neuen Registers für gute Praxisbeispiele zur Erhaltung und Weitergabe von immateriellem Kulturerbe. „Die Mehlspeisen werden dadurch jetzt nicht Teil des Kulturerbes. Aber wir streichen Initiativen heraus, die Traditionen vermitteln und weitergeben“, sagt die Sprecherin der österreichischen Unesco-Kommission, Eva Trötzmüller. Fiedler hat jedenfalls „eine unheimliche Freude“, dass diese Arbeit anerkannt wird: „Es zeigt, welchen Stellenwert Mehlspeisen in Österreich haben. Das ist ja auch historisch gewachsen: Durch die Monarchie wurden wir
zum Schmelztiegel für Süßes aus Böhmen, Mähren, Slowenien oder Ungarn.“Mittlerweile entstehen Mehlspeisen in einer branchenübergreifenden Produktionskette: von der Bäurin bis hin zur Konditorin. „Das stärkt ja auch regionale Produkte: die Wachauer Marille, den steirischen Apfel. Außerdem gibt es noch den kulturellen Aspekt: Denken Sie an Veranstaltungen wie das Pohacˇa-Fest in Kärnten“, sagt Fiedler.
So viel Lob der Mehlspeisenfreund für diese Kultur auch übrighat, so gefährdet sieht er sie auch. Denn viele würden sich heute nicht mehr selbst in die Küche stellen: „Früher haben die Kinder mit der Oma gemeinsam gebacken oder Kekserl ausgestochen – das wird leider immer seltener und eine Kulturtechnik droht damit verloren zu gehen.“Eine Mitschuld trägt laut Fiedler die industrielle Fertigung und dass alteingesessene Betriebe vom Handel „an die Wand gespielt“würden: „Wir haben so hervorragende Konditoren und Bäcker. Ich würde mir wünschen, dass sie selbstbewusster auftreten.“
Der Oberösterreicher will weiter für die heimischen Mehlspeisen kämpfen: „Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig dieses Kulturgut ist.“Was für ihn die beste Mehlspeise ist, will der Experte allerdings nicht verraten: „Ich halte es mit der Tante Jolesch: Essen ist meine Lieblingsspeise.“
Das gemeinsame Backen wird leider immer seltener. Eine Kulturtechnik droht verloren zu gehen.
Alfred Fiedler