Buben bleiben unter sich
Ein Mädchen wollte im Knabenchor singen und durfte nicht. Ein Gericht bestätigte das.
Das Thema polarisiert viele Deutsche: Ein Mädchen will sich in einen Knabenchor einklagen und geht dafür vor Gericht. Darf es das? Das fragten sich viele Hörer des Radiosenders „Bayern 3“und die Bandbreite der Anrufe zeigt, wie leidenschaftlich diese Frage im Nachbarland diskutiert wird. Ablehnung und Zustimmung hielten sich die Waage.
Es geht in dem Streit nicht um einen beliebigen Chor. Die Mutter einer Neunjährigen wollte vor dem Berliner Verwaltungsgericht erreichen, dass ihre Tochter in der ältesten musikalischen Einrichtung der deutschen Hauptstadt singen darf.
Staats- und Domchor wurde unter Brandenburgs Kurfürst Friedrich II. 1465 gegründet und hat damit eine ähnlich lange Tradition wie die Wiener Sängerknaben, der Leipziger Thomanerchor oder die Regensburger Domspatzen. Mädchen ist der mit dem Domchor organisatorisch verbundene Mädchenchor der Singakademie zu Berlin vorbehalten.
Geklagt wurde die Universität der Künste, die die künstlerische Aufsicht trägt. Eine Kommission hatte das Kind abgelehnt, weil es beim Vorsingen nicht gut genug gewesen sei. Die Mutter sah in der Ablehnung eine Verletzung des Anspruchs auf gleiche Teilhabe an staatlicher Leistung und Förderung. Die Zugangsbeschränkung diskriminiere in unzulässiger WeiDer se. Laut Chor sei die Nichtaufnahme des Kindes aber nicht auf das Geschlecht zurückzuführen, wenn die Stimme dem angestrebten Klangbild entsprochen hätte, wäre das möglich gewesen. Das Gericht bestätigte in einem Urteil nun die Argumentation des Chores. Die Kunstfreiheit habe Vorrang.
Die Diskussion ist nicht auf Berlin beschränkt. Im Vorjahr wurde sie auch in Leipzig geführt, weil dort der Nachwuchs fehlt. Trotzdem wurden Mädchen beim Thomanerchor bisher abgelehnt. Die Wiener Sängerknaben sind der Forderung entgegengekommen. Sie haben einen gemischten Kindergarten installiert und Mädchen auf der Internatsschule zugelassen.