Ö-3-Radiolegende Eberhard Forcher im Unruhestand.
ANALYSE. Was für den ORF gut ist, muss nicht zwangsläufig für Österreich gut sein. Vor allem nicht, wenn es seine Marktdominanz noch weiter verstärkt.
Nun also Ö-Tube: Die ÖVP packt im Wahlkampf wieder aus, was sie als Regierungspartei tief in ihrer Projektschublade versenkt hat. Denn die von Gernot Blümel Mitte 2018 veranstaltete Medienenquete bewirkte in Sachen ORF auch nicht mehr als die Nullnummer des einstigen SPÖ-Ministers Drozda. Dass dieser nun sogar als roter Parteigeschäftsführer den Vorschlag des türkisen Nachfolgers gutheißt, ist einer der wenigen positiven inhaltlichen Ausnahmefälle des aktuellen Wahlkampfs.
Der Vorstoß wirkt als Indiz dafür, dass die ÖVP nun wirklich von einer neuerlichen Koalition mit der FPÖ abrückt. Denn mit ihr als Partner erscheint alles unmöglich, was dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hilft. Der jedoch hat mit dem in der Realisierung bereits fortgeschrittenen ORF-Player schon eine Art Ö-Tube in der Hinterhand.
Dabei handelt es sich um eine digitale Plattform mit vielfältigen Anwendungen von der TVthek bis zu SocialMedia-Funktionen. Sie soll allen österreichischen Medienunternehmen für ihre Inhalte und zur gemeinsamen Vermarktung offenstehen. Das ist mit dem Etikett Ö-Tube eher vorstellbar als unter dem Titel ORF-Player.
Die Sache hat aber mehr Haken als nur die enorme Verspätung eines solchen Widerstandsnestes gegen die globalen Riesen Facebook, Google
& Co. Nicht von ungefähr beschränkt sich das Lob des Vorschlags auf die damit verbundene Verlängerung der bisher auf sieben Tage limitierten Aufenthaltsdauer von Sendungen in der TVthek sowie die Teilnahme-Einladung an private Anbieter. Für solche verschärfen sich die Nachteile im Wettbewerb durch eine Erweiterung der Präsenzfrist für Beiträge mit öffentlich-rechtlicher Finanzierungsgrundlage.
Während ORF-Videos dann mehr denn je frei verfügbar sind, können rein betriebswirtschaftlich organisierte Anbieter ihre Information auch online zusehends bloß kostenpflichtig offerieren. Denn das frühere analoge Geschäftsmodell, das die digitalen Gratisangebote lange mitgetragen hat, funktioniert nicht mehr.
D as wiederum führt unweigerlich zu einer noch stärkeren Dominanz des ORF in der Österreich-Information. In einem der höchstkonzentrierten Medienmärkte liegt er bei Internet, Radio und TV unangefochten voran. Das mag aufgrund seiner zumindest gesetzlich festgeschriebenen Qualitätspflicht argumentierbar sein, verengt in der absehbaren Form jedoch den Blick auf die Republik.
Wer Ö-Tube sagt, muss also auch Rundfunkgebühr sagen. Dabei geht es nicht im FPÖSinn um ihre Abschaffung, sondern um die Frage, wer was warum davon kriegt.