Kleine Zeitung Kaernten

Freiheit bedeutet“

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Eine hochschwan­gere Frau geht mit Tränen in den Augen über die Grenze. An der linken und der rechten Hand hält sie ihre beiden Kinder und ein Nylonsacke­rl mit ihren Habseligke­iten. Alles andere hat sie zurückgela­ssen. Dieses Bild werde ich nie vergessen“, sagt Alexander Wind mit zittriger Stimme. Er fährt mit den Fingern andächtig über den letzten Rest des Eisernen Vorhangs an der ungarisch-österreich­ischen Grenze bei St. Margarethe­n im Burgenland. Wenige Meter neben dem Grenzüberg­ang wurde der rund fünf Meter lange Originalza­un zur Erinnerung an die Öffnung der Grenze am 19. August 1989 nach dem kompletten Abbau wieder aufgebaut.

Tausende DDR-Bürger nutzten damals die Gelegenhei­t, dass die Grenze für das „Paneuropäi­sche Picknick“geöffnet

um nach Österreich zu flüchten. „Wir wussten damals nicht, was unsere Veranstalt­ung für eine enorme Bedeutung bekommen sollte. Es ist nicht so, dass ich mich von daheim verabschie­dete, mit der Absicht, schnell einmal Geschichte zu schreiben. Wir hatten ja keine Ahnung“, erzählt Lázló Nagy, Mitorganis­ator des „Paneuropäi­schen Picknicks“.

Erst als er damals um 15 Uhr, als die Grenze für die Veranstalt­ung geöffnet wurde, vor dem offenen Tor stand und die Völkerwand­erung mit ansah, wurde ihm plötzlich bewusst, was hier passierte. „Ich lehnte mich nur gegen mein Auto und überlegte, wie viele Jahre Gefängnis uns Organisato­ren jetzt drohen würden. Zwei, drei oder fünf Jahre?“Noch bis heute ist nicht bekannt, wie die DDR-Flüchtling­e an die Informatio­n kamen, dass in St. Margarethe­n die Grenze für einige Stunden offen sein würde. „Im Nachhinein betrachtet, waren wir der erste gefallene Domino-Stein, der den Fall des Eisernen Vorhangs ins Rollen brachte.“Gleich hinter dem Zaun steht daher noch in Frischhalt­efolie eingewicke­lt ein Stück Berliner Mauer, das am 19. August anlässlich des 30. Jubiläums der Grenzöffnu­ng feierlich enthüllt werden soll.

wussten ebenfalls nichts von den Flüchtling­en. „Mein guter Freund Árwurde, pád Bella war an der Grenze stationier­t. Als er die Flüchtling­e sah, verstieß er gegen seine Dienstpfli­cht und wies das Grenzperso­nal an, sie zu ignorieren“, sagt Nagy. Eine Entscheidu­ng, die Bella ins Gefängnis hätte bringen können. Die Soldaten stellten sich auf seinen Befehl mit dem Rücken zur ungarische­n Seite auf und kontrollie­rten nur Österreich­er, die nach Ungarn zum Picknick wollten. So etwas habe man laut Nagy nicht von den Soldaten gekannt. Wenn Leute sich nur

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