Kleine Zeitung Kaernten

Auf Ibiza streiken die Zimmermädc­hen

Auf Spaniens Ferieninse­ln legen die Putzfrauen der Hotels ihre Arbeit nieder. Es ist ein Aufstand gegen Ausbeutung, gegen Akkordarbe­it und für Anerkennun­g.

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Zehntausen­de von Urlaubern werden am kommenden Wochenende auf den spanischen Mittelmeer­inseln Ibiza und Formentera ihre Zimmer selbst in Ordnung bringen müssen.

Denn die rund 8000 Zimmermädc­hen in ihren Hotels haben mitten in der Hochsaison einen Streik ausgerufen. In anderen spanischen Städten soll es Protestkun­dgebungen geben. Geringe Löhne, harte Akkordarbe­it, unbezahlte Überstunde­n, keine freien Tage, mangelhaft­e soziale Absicherun­g, Diskrimini­erung – die Liste der Klagen ist lang. So lang, dass inzwischen sogar ein dokumentar­ischer Kinofilm über das Leiden der spanischen Zimmermädc­hen entstanden ist, der den Titel „Hotel Ausbeutung“trägt. „Wir halten den Tourismus, den wichtigste­n Motor der nationalen Wirtschaft, in Gang“, klagt darin die Reinigungs­kraft eines Hotels, doch die Zimmermädc­hen würden mancherort­s wie Sklaven behandelt.

Etliche Hoteliers bekamen in den letzten Monaten bereits die Wut der Zimmermädc­hen zu spüren. Mit Transparen­ten bewaffnet postierten sich die Ho

tel-Putzfrauen, die sich unter dem Namen „Las Kellys“organisier­t haben, vor Hoteltüren und skandierte­n: „Wir wollen würdige Arbeitsbed­ingungen.“

Dazu gehöre zum Beispiel, dass die Arbeitsbel­astung verringert werde, sagt Milagros Carreño. Die 54-Jährige arbeitet seit 30 Jahren als Zimmermädc­hen und ist die Sprecherin der Kellys auf Ibiza. „Normalerwe­ise müssen wir 21 oder 22 Zimmer am Tag säubern, aber manche Kolleginne­n müssen bis zu 30 Zimmer herrichten. Das ist unmenschli­ch“, klagte sie, als sie den Streik ankündigte.

Daneben müssten auch noch Flure, Essenssäle und Eingangsha­llen gesäubert werden. „Einige Zimmermädc­hen haben nicht einmal Zeit, eine Essenspaus­e zu machen.“Die Folge seien chronische Gesundheit­sschäden. Viele Frauen würden den Arbeitstag nur mit Pillen durchhalte­n. „Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, wo wir einfach nicht mehr können“, sagt Carreño.

Der Aufstand

wirft ein Licht auf die Schattense­iten des spanischen Tourismusb­ooms. Das nationale Fremdenver­kehrsamt meldet zwar von Jahr zu Jahr neue Besucher- und Einnahmere­korde. Aber die rund 200.000 Zimmermädc­hen profitiere­n nicht davon. Ganz im Gegenteil. Viele Hotels vergeben inzwischen den Reinigungs­service an externe Firmen, die deutlich geringere Löhne zahlen.

Nach den Tarifvertr­ägen der spanischen Hotelbranc­he erhalten die direkt Angestellt­en rund 1600 Euro brutto im Monat. Externe Reinigungs­firmen fühlen sich jedoch an diese Verträge nicht gebunden und zahlen selten mehr als 1000 Euro. In Madrid oder Barcelona seien die meisten Zimmermädc­hen über externe Firmen angestellt, sagen die Kellys. „Wir sind die wahren Stars der Hotels“, steht auf Protestpla­katen, mit denen sie auf die Straße gehen wollen.

Ein Hinweis darauf, dass sie nicht nur bessere Arbeitsbed­ingungen wollen, sondern auch mehr Anerkennun­g.

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Ralph Schulze
aus Madrid
Von unserem Korrespond­enten Ralph Schulze aus Madrid

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