Rekordjägerin Williams läuft die Zeit davon
Im US-Open-Finale 2018 sorgte Serena Williams für einen Eklat und verpasste die Chance auf den 24. Major-Titel. Und heuer?
Im Moment ihres ersten großen Triumphs kullerten ihr Tränen über die Wangen hinunter. Doch waren es keine Tränen der Freude, die Naomi Osaka bei der Siegerehrung nach dem letztjährigen USOpen-Endspiel nicht unterdrücken konnte – es war das Ergebnis eines Skandals, bei dem die Japanerin unschuldig zur Leidtragenden wurde. Ihre Finalgegnerin Serena Williams hatte einmal mehr für einen Eklat gesorgt, als sie bei der 2:6, 4:6-Niederlage gleich mehrere Verwarnungen (unerlaubtes Coaching, Schlägerwurf, Schiedsrichterbeleidigung) und einen GameAbzug kassiert hatte. Das Publikum stellte sich dennoch auf die Seite der Lokalmatadorin und buhte Osaka gnadenlos aus ...
damals 20-jährige Asiatin also erst Tage später so richtig darüber freuen konnte, als erste japanische Tennisspielerin überhaupt einen Grand-Slam-Titel erobert zu haben, zeigte Williams keinerlei Einsicht, warf Schiedsrichter Carlos Ramos im Nachhinein Sexismus vor, löste wieder einmal eine Gleichberechtigungsdebatte aus und musste 17.000 Dollar Strafe zahlen.
Dabei hätte die Geschichte aus der Sicht der Afroamerikanerin einen ganz anderen Verlauf nehmen sollen. Nachdem sie 2018 bereits im WimbledonFinale an Angelique Kerber gelaboriert scheitert war, wollte sie in Flushing Meadows ihren heiß ersehnten 24. Grand-Slam-Titel erobern und endlich mit der australischen Rekordhalterin Margaret Court gleichziehen. Daraus wurde aber ebenso nichts wie bei ihrem bis dato letzten Anlauf, als sie heuer erneut im Wimbledon-Endspiel (diesmal gegen Simona Halep) den Kürzeren zog.
wieder einen Weg finden, ein Finale zu gewinnen“, sagte die enttäuschte Williams in London, wo sie nochmals angesprochen auf die durch den US-Open-Eklat verpasste Chance betonte: „Der Tag, an dem ich aufhöre, für Gleichberechtigung zu kämpfen, wird der Tag sein, an dem ich im Grab bin.“Dieser Tag ist hoffentlich noch in sehr weiter Ferne, doch läuft der 37-Jährigen zumindest hinsichtlich ihrer Rekordjagd langsam, aber sicher die Zeit davon.
Zwar zählt Williams auch bei den am Montag startenden US Open, wo es zum Erstrundenschlager mit Maria Scharapowa kommt, in Flushing Meadows wieder zum engsten Favoritenkreis. Doch haben die vergangenen Turniere gezeigt, dass es im Damen-Tennis derzeit keine dominante Spielerin und somit auch gleich zehn Kandidatinnen auf den Turniersieg gibt.
Angeführt wird das Feld von Osaka, die Mitte August ParisSiegerin Ashleigh Barty vom Thron gestoßen hat. Allerdings die japanische Titelverteidigerin, die es zum Auftakt mit der Russin Anna Blinkowa zu tun bekommt, an Knieproblemen und musste zuletzt sogar im Viertelfinale von Cincinnati aufgeben. In Flushing Meadows droht Osaka aber ohnehin wieder die Ablöse von der Spitze – sowohl Barty als auch Karolina Pliskova könnten an ihr vorbeiziehen.
Während es bei den Herren seit 2004 nur vier Weltranglisten-Erste gab, waren es bei den Damen seit 2017 derer bereits acht.