„Ganztägige Schulformen in allen Bezirken“
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will Hochschulen in Klagenfurt konzentrieren, ein zweites Pflicht-Kindergartenjahr und bei der Bildungsdirektion nachbessern.
Ist die Unterstützung, die Land und Stadt Villach Infineon beim Neubau der Chipfabrik angedeihen lässt, auch Vorbild für das Flughafenprojekt von Lilihill?
PETER KAISER: Das Gemeinsame der Projekte ist, dass der Standort Kärnten an Attraktivität gewinnt. Man kann die Projekte schwer inhaltlich vergleichen. Was auf jeden Fall notwendig ist: eine möglichst enge Abstimmung zwischen jenen, die Rahmenbedingungen schaffen, und denen, die investieren. Es wäre sinnvoll, das positive Beispiel von Infineon nach Klagenfurt zu transferieren – wenn man sich darauf einigt.
Technologiepark, Messe, Logistikcenter – ist ein Immobilienprojekt dieser Dimension notwendig?
Jeder, der bereit ist, zu investieren, wird sich das gut überlegen – außer man ist seines eigenen Geldes Feind, und das ist in diesem Fall auszuschließen.
Was halten Sie von einer Verlagerung des Klagenfurter Messegeländes zum Flughafen?
Eine Standortentwicklung in der Innenstadt erfordert Mut – eingebettet in ein Gesamtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt kann ich mir das sehr gut vorstellen.
Junge Kärntner verlassen das Land, weil sie keine Perspektiven für Ausbildung und Job sehen – was setzen Sie dem entgegen?
Die wenigsten gehen weg, weil sie hier nicht ihr Wunschstudium inskribieren können. Viele wollen weg von zu Hause, um anderes zu sehen. Was wir tun, ist, dass wir schauen, dass die Bindung zur Heimat niemals abreißt. Auch im Zusammenhang mit dem Standortmarketing werden wir den Schwerpunkt darauf legen.
Thema Bildung: Die Flüchtlingswelle ist vorbei, dennoch bleibt es herausfordernd, Kinder nicht deutscher Muttersprache in den Schulen zu integrieren.
Mehr Verteilung von Migrationsfamilien in Stadtteilen wäre wünschenswert. Wir sind dazu in permanenten Dialogen.
Der Ganztagesunterricht ist eine ewige Forderung von Ihnen – wo bleiben da die substanziellen Fortschritte?
Die Hürden müssen abgebaut werden, wir brauchen mehr Mut zu ganztägigen Schulformen. Wir arbeiten darauf hin, dass es in jedem Kärntner Bezirk und in jeder Schulform eine Schule mit verschränktem Ganztagesunterricht gibt.
Was man gar nicht mehr hört, ist die Forderung nach einer Gesamtschule der 6- bis 14-Jährigen.
Ich bin Realist, in der derzeitigen gesellschaftspolitischen Si
tuation ist das nicht umsetzbar. Aber durch das Aufwerten der Elementarpädagogik haben wir heute theoretisch die Gemeinsamkeit von 0- bis 10-Jährigen.
Es gibt aber nur ein Jahr Kindergartenpflicht. Soll das ausgeweitet werden?
Es soll ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr geben, das wäre ein wichtiger bildungspolitischer Schritt.
Das Land zahlt 14 Millionen Euro pro Jahr für Überhanglehrer, scharf kritisiert vom Rechnungshof. Warum wehrt sich das Land gegen mögliche Einsparungen?
In jeder Gemeinde einen Schulstandort – daran halten wir fest, außer es gibt ganz spezifische Situationen. Eine Gemeinde ohne Schule hat wenig Zukunft.
Daher bleibt es bei den Überhanglehrern?
Die Hälfte der 360 Überhanglehrer sind dem sonderpädagogischen Lehrbedarf geschuldet – wir würden uns knapp sieben Millionen Euro ersparen, wenn der Bund dem tatsächlichen Bedarf auch nachkommen würde.
Werden weitere Kleinstschulen geschlossen?
Zwei Parameter gelten: In jeder Gemeinde eine Schule, es sei denn, die Gesamtschülerzahl sinkt unter 10, dann ist es pädagogisch nicht mehr sinnvoll.
Ab 2020 sind Herbstferien gesetzlich verpflichtend. Nicht nur Sie lehnen das als pädagogisch bedenklich ab. Soll die nächste Regierung diese abschaffen?
Ja, sie würde dafür eine Mehrheit finden.
Im Zuge des neuen Kinderstipendiums des Landes haben manche Betreuungseinrichtungen Elternbeiträge stark erhöht.
Wir hatten manche Abweichungen in sehr hohem Ausmaß. Wir werden das permanent evaluieren. Manch moderate Erhöhungen sind gerechtfertigt. Wofür ich kein Verständnis habe, ist, dass einige Anbieter das Kinderstipendium als Chance für höhere eigene Gewinne sehen und die Entlastung den Eltern durch ungerechtfertigte Erhöhungen der Beiträge vorenthalten. In manchen Bereichen wird es grundlegende gesetzliche Veränderungen geben müssen.
Vor einem Jahr startete die Bildungsdirektion. Sind Sie mit der Einrichtung bisher zufrieden?
Der Bildungsdirektor leistet sehr engagierte Arbeit. Es gibt Nachbesserungsbedarf, es ist noch nicht alles so, wie ich es mir wünsche. Ich glaube, wir müssen einiges verbessern, was die Abläufe und Planung betrifft. Es hapert noch an der Qualität in manchen Bereichen.
Seit Jahren wird über eine Konzentration der vier FH-Standorte diskutiert. Bleibt es dabei?
Wir brauchen eine sinnvolle Konzentration in Klagenfurt: Ich würde es sehr begrüßen, die Fachhochschule im Bereich der Universität zu etablieren und damit gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule zu einer Campusentwicklung beizutragen. Wünschenswert wäre ein Uni-Schnellzug zwischen Klagenfurt-West und der Fachhochschule in Villach.
Die vier FH-Standorte bleiben?
Ja, aber innerhalb der Standorte muss man sehr viel mehr sinnvoll zusammenführen. Ich sehe das als großes Projekt, um dem tertiären Studienbereich mehr Attraktivität zu verleihen.
Wie soll Kärnten mit einer Million Euro Budget Standortmarketing betreiben?
Ich will es nicht an einer Budgetzahl festmachen. Für mich ist die strategische Standortentwicklung der wichtigste Schritt für einen langen Zeitraum. Wir haben alles zu tun, um die notwendigen Mittel sicherzustellen – aber es kann nicht nur Aufgabe der Politik allein sein.
Das heißt konkret?
Dort, wo andere ihre Vorteile daraus ziehen, haben sie das zu begleiten. Es geht dabei um Inputs und nicht nur um das Geld.