Quell des Lebens und Brennpunkt der Gier
Der Regenwald im Amazonasbecken: einzigartig, geschändet, schwindend.
Sechs Millionen Quadratkilometer groß, mindestens 55 Millionen Jahre alt – und derzeit aus traurigem Anlass in aller Munde: Die Bedeutung des Amazonasregenwaldes, der an allen Ecken und Enden Feuer fing oder in Brand gesteckt wurde, ist schlichtweg unermesslich. Forscher schätzen die Zahl der Tier- und Pflanzenarten in tropischen Regenwäldern auf 20 bis 30 Millionen, von denen bislang weniger als zwei Millionen bekannt sind. Gerade einmal sieben Prozent der eisfreien Landmassen sind davon bedeckt, trotzdem finden sich dort bis zu 90 Prozent aller erfassten Spezies. Doch nicht nur diese enorme Biodiversität macht Amazonien zur Schatzkammer. Rund ein Fünftel des weltweiten Sauerstoffs gelangt über das riesige Waldgebiet in unsere Erdatmosphäre. Das extrem feuchte Milieu rund um den 6400 Kilometer langen Amazonasstrom funktioniert wie eine riesige Klimapumpe, mit Effekten für den ganzen Planeten.
Etwa 60 Prozent des Amazonasregenwalds liegen auf brasilianischem Staatsgebiet, der Rest verteilt sich auf Peru und Kolumbien sowie auf Ecuador, Venezuela, Bolivien, Guyana, Suriname und Französisch-Guyana. Was im Amazonasgebiet angerichtet wurde, ist unvorstellbar: Allein zwischen August 2017 und Juli 2018 fielen 7900 km² Wald dem Raubbau zum Opfer – das ist die Fläche von über einer Million Fußballfeldern. Seit 1988 überwacht Brasiliens Weltraumbehörde INPE die Abholzung: In dieser Zeit wurde der Wald auf insgesamt 700.000 Quadratkilometern (etwa die zweifache Fläche von Deutschland) zerstört. Mit jedem Baum, der im Amazonas fällt, sägt die Menschheit an jenem Ast, auf dem sie selbst sitzt.