Die Show gestohlen
Der PR-Coup mit dem iranischen Außenminister war der jüngste Beweis dafür, wie sich Emmanuel Macron zur europäischen Leitfigur entwickelt – abgenickt von Angela Merkel.
Eine Zeit lang schien es, als sei der hell strahlende Stern des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron schon wieder im Verglühen. Die Gelbwesten machten ihm die Hölle heiß, geplante Reformen gerieten ins Stocken und Macron musste sich bei jeder außenpolitischen Ambition den Vorwurf gefallen lassen, er wolle ohnedies nur von den Problemen daheim ablenken.
Vielleicht stimmt das sogar. Mehrmals, zuletzt heuer im Frühjahr, unternahm er einen Vorstoß für einen „europäischen Neubeginn“, der als zu illusionistisch und realitätsfremd abgetan wurde. Aus heutiger Perspektive erscheint es da in neuem Licht, dass sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit Kommentaren zurückhielt. Stattdessen lag es an ihrer designierten Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die Ideen Macrons als „falschen Weg“abzutun – in einem holprig und uninspiriert formulierten Text, der auch sachliche Schwächen aufwies und in Brüssel zumindest für Stirnrunzeln sorgte. Merkel schwieg und alle fragten sich, ob das erste Vorzeichen dafür sein könnten, dass das feder
führende EU-Gespann Frankreich/Deutschland in Zukunft getrennte Wege gehen würde.
Doch inzwischen ist viel passiert und Macron hat sich als maßgeblicher Strippenzieher in Europa manifestiert (was man von „AKK“nicht gerade sagen kann). Dem Franzosen gelang es zuletzt, in von langer Hand vorbereiteten Winkelzügen das Spitzenkandidatenmodell für die EU-Wahlen zu kippen und CSU-Mann Manfred Weber als neuen Kommissionschef zu verhindern. Angela Merkel hatte mit Weber nie die Freude, die man sich eigentlich erwarten würde – dass die Deutsche Ursula von der Leyen (CDU) nun Präsidentin der wichtigsten EU-Behörde wird, ist letzten Endes Macron zuzuschreiben.
Und während von der Leyen noch auf Vorstellungstour unterwegs ist und sich mit Beginn dieser Woche auf die Zusammenstellung der neuen Kommission konzentrieren muss, trumpft Macron als Gastgeber des als extrem schwierig geltenden G7-Gipfels in Biarritz auf. Letztes Jahr hatte US-Präsident Donald Trump den kanadischen Gastgeber Justin Trudeau vor den Augen der Welt blamiert und die Schlusserklärung noch auf dem Heimflug zerrissen. Macron hingegen machte keine Fehler; er beließ es bei einem knappen, selbst verfassten Papier, stattdessen kam der Gipfel trotz Anfeindungen aus Brasilien zur Einigung bei der Hilfe im Kampf gegen die Feuersbrunst, es gab eine Reihe handelspolitischer Annäherungen und es gelang vor allem, Trump in Schach zu halten – D und ihm die Show zu stehlen. ass Macron in einer Geheimaktion den iranischen Außenminister Sarif einfliegen ließ und so Bewegung in eines der heißesten politischen Themen, angefacht von Trump, brachte, ist ein fantastischer PR-Coup, vermutlich sogar mehr als das. Und im Hintergrund sieht man eine gut gelaunte, milde lächelnde Angela Merkel. Vielleicht ist die deutsch-französische Achse doch noch bestens geschmiert.