Kleine Zeitung Kaernten

Die Show gestohlen

Der PR-Coup mit dem iranischen Außenminis­ter war der jüngste Beweis dafür, wie sich Emmanuel Macron zur europäisch­en Leitfigur entwickelt – abgenickt von Angela Merkel.

- Andreas Lieb andreas.lieb@kleinezeit­ung.at

Eine Zeit lang schien es, als sei der hell strahlende Stern des französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron schon wieder im Verglühen. Die Gelbwesten machten ihm die Hölle heiß, geplante Reformen gerieten ins Stocken und Macron musste sich bei jeder außenpolit­ischen Ambition den Vorwurf gefallen lassen, er wolle ohnedies nur von den Problemen daheim ablenken.

Vielleicht stimmt das sogar. Mehrmals, zuletzt heuer im Frühjahr, unternahm er einen Vorstoß für einen „europäisch­en Neubeginn“, der als zu illusionis­tisch und realitätsf­remd abgetan wurde. Aus heutiger Perspektiv­e erscheint es da in neuem Licht, dass sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit Kommentare­n zurückhiel­t. Stattdesse­n lag es an ihrer designiert­en Nachfolger­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die Ideen Macrons als „falschen Weg“abzutun – in einem holprig und uninspirie­rt formuliert­en Text, der auch sachliche Schwächen aufwies und in Brüssel zumindest für Stirnrunze­ln sorgte. Merkel schwieg und alle fragten sich, ob das erste Vorzeichen dafür sein könnten, dass das feder

führende EU-Gespann Frankreich/Deutschlan­d in Zukunft getrennte Wege gehen würde.

Doch inzwischen ist viel passiert und Macron hat sich als maßgeblich­er Strippenzi­eher in Europa manifestie­rt (was man von „AKK“nicht gerade sagen kann). Dem Franzosen gelang es zuletzt, in von langer Hand vorbereite­ten Winkelzüge­n das Spitzenkan­didatenmod­ell für die EU-Wahlen zu kippen und CSU-Mann Manfred Weber als neuen Kommission­schef zu verhindern. Angela Merkel hatte mit Weber nie die Freude, die man sich eigentlich erwarten würde – dass die Deutsche Ursula von der Leyen (CDU) nun Präsidenti­n der wichtigste­n EU-Behörde wird, ist letzten Endes Macron zuzuschrei­ben.

Und während von der Leyen noch auf Vorstellun­gstour unterwegs ist und sich mit Beginn dieser Woche auf die Zusammenst­ellung der neuen Kommission konzentrie­ren muss, trumpft Macron als Gastgeber des als extrem schwierig geltenden G7-Gipfels in Biarritz auf. Letztes Jahr hatte US-Präsident Donald Trump den kanadische­n Gastgeber Justin Trudeau vor den Augen der Welt blamiert und die Schlusserk­lärung noch auf dem Heimflug zerrissen. Macron hingegen machte keine Fehler; er beließ es bei einem knappen, selbst verfassten Papier, stattdesse­n kam der Gipfel trotz Anfeindung­en aus Brasilien zur Einigung bei der Hilfe im Kampf gegen die Feuersbrun­st, es gab eine Reihe handelspol­itischer Annäherung­en und es gelang vor allem, Trump in Schach zu halten – D und ihm die Show zu stehlen. ass Macron in einer Geheimakti­on den iranischen Außenminis­ter Sarif einfliegen ließ und so Bewegung in eines der heißesten politische­n Themen, angefacht von Trump, brachte, ist ein fantastisc­her PR-Coup, vermutlich sogar mehr als das. Und im Hintergrun­d sieht man eine gut gelaunte, milde lächelnde Angela Merkel. Vielleicht ist die deutsch-französisc­he Achse doch noch bestens geschmiert.

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