Die Autowelt verneigt sich vor Piëch
Wie VW in der Ära des verstorbenen Ferdinand Piëch hochprofitabel wurde und dies auch nach dem Dieselskandal noch wirkt.
Piëch hat Automobilgeschichte geschrieben.
Hans Dieter Pötsch,
VW-Aufsichtsratschef
Ferdinand Piëch war mutig, unternehmerisch, technisch brillant.
Herbert Diess, VW-Chef
Ohne ihn stünden wir nicht da, wo wir jetzt
stehen.
Bernd Osterloh, Betriebsrat
Die Fahnen auf halbmast. VW mit seinen 660.000 Mitarbeitern gedenkt des Übervaters Ferdinand Piëch, der am Sonntag, wie berichtet, in Oberbayern mit 82 Jahren gestorben ist. Nicht nur Gedenken, auch viele Würdigungen werden dem außergewöhnlichen Industrieboss zuteil. „Vor allem hat Ferdinand Piëch Qualität und Perfektion bis ins Detail in den Automobilbau gebracht und tief in der Volkswagen-DNA verankert“: Herbert Diess, der amtierende Vorstandschef des Konzerns, bringt es auf den Punkt.
VW wäre ohne den „genialen Ingenieur und visionären Unternehmer“(O-Ton Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratschef ) nicht jene Marke geworden, die sie heute ist. Als der Österreicher Piëch, Enkel von Ferdinand Porsche, 1993 den Vorstandsvorsitz in Wolfsburg
übernahm, hatte das Schlachtschiff der deutschen Automobilindustrie Schlagseite. Das lag weniger an der damaligen Wirtschaftskrise. Schwacher Absatz, hohe Kosten, miserable Abläufe und Überkapazitäten bremsten die Marke. Piëch führte VW in den kommenden Jahren in die Gewinnzone zurück. Es gab keinen Bereich, in dem nicht optimiert und rationalisiert wurde. 2002 verabschiedete sich Piëch mit 2,6 Milliarden Euro Gewinn in den Aufsichtsrat. Dort setzte er den Höhenflug fort. 2014, im letzten Jahr vor dem ruppigen Abgang des Patriarchen, fuhr der Konzern ein operatives Ergebnis von 12,7 Milliarden Euro ein – doch verbesserten sich diese Zahlen in den letzten Jahren trotz des Dieselskandals noch deutlich. 2016 erreichte VW dann jenes Ziel, auf das Piëch sein Berufsleben lang hingearbeitet hatte: weltgrößter Automobilhersteller
Wir trauern um den Enthusiasten, der er
zeitlebens war.
Wolfgang Porsche, Cousin
zu werden. In Piëchs Ära stieg VW in die Lkw-Sparte und in das Luxussegment ein, zu den zwölf Marken gehören Bentley und Lamborghini (siehe Grafik).
Immer wieder zitiert wird Piëchs eiserner, autoritärer Führungsstil. Der „Meister des Zweiwortsatzes“, so eine der vielen Zuschreibungen, sagte selbst: „Wenn ich etwas erreichen will, ziehe ich es durch.“Er bekannte sich dazu, ein „begrenztes Harmoniebedürfnis“zu haben – was ihm den konsequenten Ausbau des Unternehmens zu einem globalen Multimarkenkonzern gewiss erleichterte.
Kritiker sehen in der Führungskultur, die von Piëchs an der Unternehmensspitze, Martin Winterkorn, übernommen wurde, auch einen Grund für den Dieselskandal. Unter Piëch sei ein System der Angst entstanden, in dem Ingenieure lieber manipulierten, als zuzugeben, dass Abgasgrenzwerte nicht eingehalten werden konnten.
Drei Dinge zählten im Leben des Ferdinand Piëch: Volkswagen, Familie, Geld. In dieser Reihenfolge. Seine Ehefrau Ursula fügte gestern hinzu: „Sein Leben war geprägt von seiner Leidenschaft für das Automobil und die Arbeitnehmer, die dieses erschaffen.“Und: „Er hinterlässt 13 Kinder und über doppelt so viele Enkelkinder.“