Kleine Zeitung Kaernten

Industrie spürt bereits leichte Rezession

Konjunktur­wolken aus Deutschlan­d erfassen Österreich. Nationalba­nk senkt Prognose, nur dank Konsum noch moderates Wachstum.

- Von Adolf Winkler

Das nächtliche Gewitter hat nicht ausgeputzt. Gewölk richtet sich aber nicht nur über Alpbach dauerhaft ein. So ragen am Konjunktur­himmel die Vorboten einer dunklen Rezessions­wolke aus Deutschlan­d herein, wo im zweiten Quartal 2019 die Wirtschaft­sleistung bei minus 0,1 Prozent lag – und nun eine Rezession drohen könnte. Die Nationalba­nk senkt jedenfalls in ihrer traditione­ll in Alpbach vorgelegte­n Prognose Österreich­s Wirtschaft­swachstum für das 3. Quartal 2019 um die Hälfte von 0,4 auf 0,2 Prozent. Auf seiner Abschiedst­our als Gouverneur der Nationalba­nk sprach Ewald Nowotny Donnerstag­abend von einer „moderaten Konjunktur­abschwächu­ng im internatio­nalen Sog“geopolitis­cher Spannungen. Im Detail räumte er dazu ein: „Die Industrie befindet sich in einer leichten Rezession. Export- und Investitio­nsdynamik schwächen sich ab.“

würden privater Konsum und Wohnbau als tragende Säulen noch für Wachstum sorgen. Für das vierte Quartal 2019 sagt die Nationalba­nk 0,3 Prozent Wachstum voraus, gegenüber 0,5 Prozent ein Jahr vorher. Für das Gesamtjahr 2019 bleibt man bei prognostiz­ierten 1,5 Prozent (gegenüber 2,7 im Jahr 2018), da die „historisch­en“Wachstumsz­ahlen für das erste Quartal nach oben revidiert wurden. Die EU-Kommission sah zuletzt die 1,5 Prozent Wachstum in Österreich auch noch für 2020. Die Nationalba­nk sieht generell die globalen Konjunktur­aussichten ungewiss.

„Schwarze Materie USA“. In Alpbach sind die Wirtschaft­sgespräche nahtlos mit einer Mischung aus Sorge und Zweckoptim­ismus in die Finanzmark­tgespräche übergegang­en. „Nach Industrie und dem produziere­nden Gewerbe wird es die Banken mittreffen“, sagt Roland Smertnig, Global Board Member bei Accenture, der eine Rezession in in vier Quartalen mit zumindest einer „roten Null“erwartet. CEO der UniCredit Bank Austria Robert Zadrazil sieht eine Rezession in Österreich „heuer nicht. Unser Vorteil ist der nach wie vor gute Konsum. Aber der Abhängigke­it von Deutschlan­d können wir uns nicht entziehen.“Die Bankleute blicken besorgt auf anhaltende Negativzin­sen, die aufgeblase­ne Bilanzsumm­e der EZB, ohne dass die Inflation im Euroraum die gewünschte Höhe erreicht, während zwei Drittel der StaatsHing­egen anleihen im Euroraum negative Rendite haben. Dass globales Zusammenwi­rken in der Finanzpoli­tik notwendig sei, um einem Finanzgewi­tter vorzubeuge­n, darauf wies der ehemalige EZB-Chef Jean-Claude Trichet hin. Tenor der Bankwelt: Die „schwarze Materie“seien die US-Wirtschaft und Donald Trump, mit Unwägbarke­it bis zu den US-Wahlen im November 2020. Und darüber hinaus? Zwar geht Michael Werz vom Center of American Progress davon aus, „dass Trump nicht wiederÖste­rreich

gewählt wird. Er wird den Abschwung in den USA zu spüren bekommen. Auch sind mehr Junge und Frauen als Wähler für die Demokraten mobilisier­t. Ich kann mich allerdings“, relativier­t Werz, „so irren wie bei der letzten Wahl“.

„Nach dem langen Wirtschaft­saufschwun­g ist eine Abkühlung zu erwarten, ein halbes Jahr bis ein Jahr verzögert nach Deutschlan­d“so Geschäftsf­ührer von Contrast Ernst & Young Martin Unger. Wegen der Konflikte zwischen den USA, China und Europa sowie auch mit Russland müsse man sich aber „auf ruppige Jahre einstellen“. „Das heißt nicht, dass das Wachstum völlig einbricht in Österreich“, verweist IHS-Chef Martin Kocher wie Nowotny auf die Stütze Konsum. Deutschlan­d könnte mit Steuerüber­schüssen gegensteue­rn, „aber seine Politik ist derzeit nicht handlungsf­ähig“. Friedrich Merz, in Lauerposit­ion für die Kanzlerfra­ge, hieß in Alpbach voll Hoffnung willkommen (siehe Seite 6).

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