„Wir sind in Kärnten brav unterwegs“
INTERVIEW. Gernot Darmann, FPÖ-Landeschef und Klubobmann im Landtag, über die Nachteile der Oppositionsrolle, Stimmenverluste durch Strache, und einen Ministerplatz.
Nach dem Ibiza-Video und Heinz Christian Straches Uneinsicht: Droht ein Knittelfeld lI, also ein Zerreißen der FPÖ?
GERNOT DARMANN:
Ganz und gar nicht. Weil im Unterschied zu damals die gesamte Partei geeint ist und um die Verantwortung der Fortführung einer türkis-blauen Bundesregierung II weiß. Wir wollen gestärkt, so weit es diese Rahmenbedingungen zulassen, aus der Nationalratswahl hervorgehen.
Aber einen Machtkampf in der FPÖ gibt es, oder? Den gibt es nicht. Norbert Hofer und Herbert Kickl sind ein eingespieltes Team. Sie wissen um die Stärke des gemeinsamen Auftretens. Kickl ist gerade in Kärnten sehr beliebt: Als Innenminister, der einen geraden Weg gegangen ist und die Polizei und Sicherheit gestärkt hat.
Strache wurde von der eigenen Partei die Facebook-Seite entzogen, die Inhalte werden nun von einem Social-Media-Team befüllt. Sind Sie froh darüber? Strache wurde nichts entzogen. Im Wahlkampf gibt es immer eine koordinierte Befüllung der Facebook-Seiten. Auch meine Seite wird jetzt von der Bundespartei mitbefüllt. Über die Inhalte bin ich informiert, das ist gemeinsam besprochen.
Sind Sie für eine Politik-Rückkehr von Strache, etwa bei der Wien-Wahl 2020? Als Realist und Jurist gehe ich davon aus, dass bis dahin sicherlich nicht alle im Raum stehenden Ungereimtheiten geklärt sind. Das war von unserer Seite immer Voraussetzung fürs Denken an eine Rückkehr. Strache hat es auch selbst so gesagt.
Also Wien-Wahl ohne Strache? Ich gehe davon aus. Die Justiz wird es bis dahin nicht schaffen.
Der FPÖ-Bundesparteitag steht vor der Tür. Was wird das Wichtigste dabei? Eine geeinte Mannschaft um Bundesparteiobmann Norbert Hofer zu formen und durch die Delegierten zu besiegeln.
Werden Sie sein Stellvertreter als Bundesparteiobmann?
Mich würde es ehren.
Gibt es eine spezielle Forderung aus Kärnten für den Parteitag? Dass wir weiter zum ÖVP-FPÖRegierungsprogramm stehen und alle Anstrengungen unternommen werden, dass dieses Programm weiter umgesetzt werden kann.
Damit ist die Frage nach Ihrer Wunschkoalition nach dem 29. September geklärt. Ja, weil es um die Zukunft der nächsten Generationen geht. Wir müssen als FPÖ so stark werden, damit sich nach der Wahl nicht Türkis-Grün ausgeht. Daran arbeiten viele im Hintergrund. Sebastian Kurz selbst nicht.
Türkis-Blau II, aber ohne Herbert Kickl als Minister?
Die Frage stellt sich jetzt nicht.
Für die ÖVP sehr wohl.
Wir müssen zuerst so stark werden, um mit der ÖVP in Regierungsverhandlungen zu kommen.
Ist es Ihre Bedingung, dass Kickl Minister wird? Wir ziehen derzeit keine roten Linien.
Kickl als Klubobmann?
Kickl kann Innenminister perfekt und Klubobmann ausgezeichnet. Zuerst geht es um die
Wahl, dann um Koalitionsgespräche, die schnell verlaufen können, weil es das Regierungsprogramm eh schon gibt. Dann kommt erst das Personelle.
Sie werden auch immer wieder als Minister genannt. Schließen Sie es aus, nach Wien zu gehen? Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt gar nichts ausschließen. Wenn mich dieser Ruf ereilt, ist es eine Ehre. In meiner Planung ist es nicht. Ich plane den Hausbau in Klagenfurt.
Nach Ibiza und der Postenschachervorwürfen: Wie viel verliert die FPÖ bei dieser Wahl ? In Kärnten hatten wir 2017 ein fulminantes Ergebnis mit knapp 32 Prozent. Ich bin Realist, dass das mit den jetzigen Rahmenbedingungen nicht zu schaffen sein wird. Aber wir wollen einen starken Beitrag zum Bundesergebnis leisten.
Platz eins in Kärnten wird nicht wieder schaffbar sein? Es ist schwer einzuschätzen. Bei den EU-Wahlen hatten wir trotz des nicht schönzuredenden Mists ein Plus. Bei der letzten Nationalratswahl waren wir die stärkste Landesgruppe. Dieses Ziel habe ich wieder.
Es geht um Vertrauen, um Glaubwürdigkeit. Andreas Mölzer warf seiner eigenen Partei in Sachen Postenbesetzungen Doppelmoral und Dilettantismus vor. Stimmen Sie auch zu? Kollege Mölzer ist keiner, der Regierungserfahrung hat. Er analysiert sehr gerne von außen. Das sei ihm unbenommen.
Norbert Hofer als designierter Bundesparteichef hat für Mölzers Befund Verständnis bekundet. Hab ich ja auch. Fakt ist, dass jener Person, die bei den Casinos Finanzvorstand wurde (FPÖMann Peter Sidlo, Anm.), vom Aufsichtsratchef, der kein Freiheitlicher ist, und von den Aufsichtsräten, die es beschließen mussten, die Kompetenz zugebilligt wurde.
Um wie viel schwerer ist es, auf Landesebene aus der Oppositionsrolle heraus wahlzukämpfen? Die Medienpräsenz wird einem nicht so leicht geschenkt. Als Oppositionspolitiker wird man schnell als der dargestellt, der immer nur schimpft. Doch wir haben Ideen, Verbesserungsvorschläge, das sieht man an unseren Anträgen im Landtag. Wir haben seit April des Vorjahres 93 eingebracht – so viele wie alle anderen zusammen.
Nach FPÖ-Absoluter in der Landesregierung (bis 2013) und Regierungsjahren ist die Kärntner FPÖ seit 2018 nur noch als Oppositionspartei im Landtag vertreten. Was ist das Schwierigste daran? Die reine Blockadepolitik von SPÖ und ÖVP für oppositionelle Ideen. Wir wollen etwa mehr Geld für Pflege zu Hause. Das Land sollte 800 Euro zahlen.
Parteikenner sagen: Seit Sie beim letzten Parteitag mit 95,7 Prozent zum Parteichef gewählt wurden, haben Sie innerparteilich ein leichteres Leben. Stimmt das? So ein Parteitag stärkt enorm. Ich habe über 90 Prozent erwartet, weil ich gespürt habe, was in der Partei weitergegangen ist.
Die Macht von Christian Leyroutz ist also weniger geworden? Zusammenarbeit ist nach wie vor da. Wir haben eigentlich immer sehr gut zusammengearbeitet und teilen uns Aufgaben.
Und was sagen Sie jenen, die murren, dass die FPÖ zu wenig präsent ist, seit Sie Obmann sind? Das sollen Sie mir sagen. Ich kann ihnen aufzeigen, wie brav wir unterwegs sind. Wir können nicht mehr wöchentlich Inserate schalten. Das war früher anders. Ich könnte streiten, um Schlagzeilen zu bekommen. Aber das ist nicht meine Art.