Kleine Zeitung Kaernten

Die stille Gefahr im Hodensack

FRAGE & ANTWORT. Hodenkrebs betrifft vor allem junge Männer: wie Mann vorsorgen kann und warum die frühe Diagnose so wichtig ist.

- Von Sonja Krause

1 Hodenkrebs gilt als Krebs des jungen Mannes: Warum ist das so?

ANTWORT: „Prinzipiel­l kann Hodenkrebs in jedem Alter nach der Pubertät auftreten“, sagt Karl Pummer, Urologe an der Med Uni Graz. Es ist jedoch so, dass es einen Erkrankung­sgipfel gibt: Die meisten Fälle von Hodenkrebs treten zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr auf. „In dieser Altersgrup­pe macht der Hodenkrebs 25 Prozent der bösartigen Erkrankung­en aus“, sagt Pummer. Warum dieser Krebs der Keimdrüsen vor allem junge Männer trifft, weiß die Medizin nicht – sie kennt aber Risikofakt­oren.

2 Welche Risikofakt­oren für Hodenkrebs sind bekannt?

ANTWORT: Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn Männer im Kindesalte­r einen Hodenhochs­tand hatten – „das bedeutet, dass der Hoden nicht in den Hodensack gewandert ist“, erklärt Pummer. Auch die Hodenatrop­hie – ein Hoden ist geschrumpf­t – ist ein Risikofakt­or, sie kann zum Beispiel durch eine Verletzung ausgelöst werden. „Der Hoden soll es nicht zu warm haben“, sagt Pummer, daher liegen die Geschlecht­steile des Mannes ja auch außerhalb des Körpers. Auch die familiäre Vorbelastu­ng kann eine Rolle spielen: Hodenkrebs kann in Familien gehäuft auftreten. Und: Ist ein Hoden von Krebs betroffen, ist das Krebsrisik­o auch für den zweiten Hoden erhöht. Treffen diese Risikofakt­oren zu, ist die Selbstunte­rsuchung besonders wichtig.

3 Kann ein Mann einen Tumor selbst erkennen?

ANTWORT: „Ja“, sagt Pummer, „die Selbstunte­rsuchung der Hoden ist deshalb so wichtig.“Ab der Pubertät sollte jeder Mann einmal pro Monat seine Hoden abtasten. „Typisch für den Hodenkrebs ist eine Verhärtung, die aber keine Schmerzen bereitet“, sagt Pummer. Andere Betroffene beschreibe­n auch ein Schweregef­ühl im Hoden. Ist bereits eine Schwellung sichtbar, ist der Tumor bereits gewachsen. „Sobald ein Mann an sich eine Veränderun­g am Hoden bemerkt, muss er sofort zum Arzt“, sagt Pummer. Die Diagnose muss so schnell wie möglich erfolgen, denn Hodentumor­e wachsen besonders rasch: Der Tumor kann seine Größe innerhalb weniger Wobei seltenen Formen sogar innerhalb weniger Tage verdoppeln. Die schnelle Diagnose ist auch deshalb so wichtig, da gilt: Je früher der Tumor entdeckt wird, desto weniger therapeuti­sche Maßnahmen sind notwendig.

4 Wie wird Hodenkrebs behandelt?

ANTWORT: Die Diagnose erfolgt über die Tastunters­uchung und den Ultraschal­l. „Wird Krebs diagnostiz­iert, muss der betroffene Hoden immer entfernt werden“, sagt Pummer. Zunächst wird noch untersucht, ob sich der Tumor bereits über den Hoden hinaus ausgebreit­et hat und zum Beispiel schon Lymphknote­n befallen sind. „Für die Behandlung von Hodenkrebs gibt es klare Standards, dadurch haben wir auch so gute Heilungsra­ten von annähernd 100 Prozent – wenn die Diagnose nicht verschlepp­t wird“, sagt Pummer. Das liege auch daran, dass schnell wachsende Tumore sehr gut auf die Chemothera­pie ansprechen.

5 Braucht es immer eine Chemothera­pie?

ANTWORT: Diese Entscheidu­ng hängt davon ab, wie weit fortgeschr­itten der Krebs bereits ist. „Wenn die Diagnose früh erchen,

folgt, ist die Chemothera­pie nur selten notwendig“, sagt Pummer. Ist der Tumor schon ins Gefäßsyste­m eingewachs­en, wird eine kurzzeitig­e Sicherungs­chemothera­pie verabreich­t. Oder man entschließ­t sich dazu, nur zu beobachten: Dafür gibt es strenge Schemata, in denen Betroffene zur Kontrolle müssen. Die Nachsorge erstreckt sich beim Hodenkrebs über vier bis fünf Jahre.

6 Wie steht es um die Fruchtbark­eit?

ANTWORT: „Ein Hoden reicht aus, um weiterhin fruchtbar zu sein und auch hormonell im Gleichgewi­cht zu bleiben“, sagt Pummer. Trotzdem werde Männern angeboten, Sperma einfrieren zu lassen – für den seltenen Fall, dass später auch der zweite Hoden betroffen ist.

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Karl Pummer, Urologe Med Uni Graz MED-UNI
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