„Alpen-Adria wird nicht so oft genutzt“
Josef Rutar, Chef der Möbelhausgruppe mit 1000 Mitarbeitern in drei Ländern, über seine Heimat Südkärnten, Chancen des Alpen-Adria-Raumes und die Vision der EU.
m Sommer gehen auch Sie lieber ins Freie und baden, als wohnen oder ins Möbelhaus?
IJOSEF RUTAR: Natürlich gehen die Kärntner bei Hitze gerne zum See oder in den Wald, viele genießen aber auch das Wohnen im Garten. Bei Regen sind dafür die Einkaufshäuser voll.
Was bedeutet Ihnen Wohnen?
Sehr viel. In den eigenen vier Wänden beginnt Heimat.
Geborgenheit geht vor Stil?
Absolut, man kommt ja gerne nach Hause, in die Heimat eben. Auch wenn ich aus New York oder Wien in meine Heimat Südkärnten komme, freue ich mich auf die vertraute Landschaft, die Berge von Obir bis Petzen, Saualm und Koralm.
Schon oft wurde die zwiespältige Kärntner Seele analysiert. Das Südkärntner Gemüt beschreibt das geflügelte Wort „Moj dus“?
Moj duˇs gibt es in allen Sprachen. Im Deutschen als „Meiner Seel“, im Italienischen als allora in jedem dritten Satz.
2020 werden 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung begangen. Was erwarten Sie?
Ich sehe bei jedem Jubiläum die Chance, aus der Geschichte zu lernen. Das würde ich als große Leitlinie darüberlegen und hoffe, dass es in dem Fall so sein wird. Ich wünsche mir, dass wir aus der Geschichte Lehren ziehen und unsere Zukunft besser und problemloser gestalten.
Jetzt haben wir das vereinte Europa und brauchen dennoch einen Reisepass zwischen Österreich und Slowenien. Bedrückt Sie das?
Ich gehe davon aus, dass das eine temporäre Maßnahme ist, sonst würde ich an der großen Idee der EU zweifeln. An kleineren Übergängen funktioniert es auch jetzt ohne Kontrollen. Diese notwendige Aufgabe sollte die EU an ihrer Außengrenze übernehmen, in dem Fall gleich durch das EU-Mitglied Kroatien. Bei allen Problemen der EU darf man das Große des vereinten Europas, den Frieden,
übersehen. Der Friedensprozess stand für die Gründerväter im Vordergrund. Es macht mich traurig, wenn es nationalistische Tendenzen gibt, doch ich bin zuversichtlich, dass die EU das überwindet. Die Uridee war, die vielen Kriege zu beenden und Europa zur Friedensregion zu machen. Das überstrahlt alles. Das Grenzenlose, die gemeinsame Währung waren für unser Unternehmen wichtig, um nach Slowenien und Italien zu expandieren.
Sie haben damit den HeimatBegriff weiter gesteckt. Kaum zu glauben, dass Eberndorf internationaler Unternehmenssitz für 1000 Mitarbeiter in Österreich, Slowenien und Italien ist.
Das hat sich so entwickelt. In Eberndorf war der Ursprung und in unserem Headquarter arbeitet ein wunderbares Team, das mit ermöglicht hat, dass wir so groß geworden sind. Von Konzernverwaltung und Einkauf bis Produktmanagement und Werbung wird alles zentral von Eberndorf aus organisiert.
In Kärnten wird jetzt der Begriff Zentralraum strapaziert, man solle sich auf das Kerngebiet Villach-Klagenfurt konzentrieren. Ihr Raum ist weit aufgespannt. Wie viele Menschen erreicht das Rutar-Möbelhausnetz?
In Kärnten, Slowenien und Friaul bewerben wir insgesamt rund fünf Millionen Menschen. Der Alpen-Adria-Raum ist ein natürlicher Wirtschaftsraum. Von Alpen-Adria wird oft geredet, aber wirtschaftlich nicht so oft genutzt wegen Sprachbarrieren, die man bewältigen muss. Es gibt auch Mentalitätsunterschiede. Sogar bei Möbeln. Der Esstisch als wichtigsnicht tes kommunikatives Einrichtungsstück Italiens, setzt sich erst langsam bei uns durch, indem wie früher Küche und Wohnraum wieder eine Einheit werden.
Viele Kärntner fahren nach Friaul zum Möbelkauf. Ist das italienische Design so viel besser?
Sehe ich nicht so. Wir bewegen uns nicht im Luxusbereich, wo Italien Sonderstatus hat, aber nur für die Upperclass.
Was ist derzeit chic?
Wir orientieren uns auf allen Messen in Asien und Europa. Nach den weißen Küchen sind jetzt eher blaue oder betongraue Küchen im Trend.
Ihr Kerngeschäft ist Kundenzufriedenheit, nebenbei verkaufen Sie Möbel und Schnitzel?
Könnte man meinen. Ich freue mich natürlich, wenn mir Kunden erzählen, dass ihnen die neuen Möbel Freude bereiten.
Sie verkaufen die Freude an der neuen Küche mit oft wechselnden Rabatten - 76, 66 oder 33 Prozent.
Wir haben in Klagenfurt die größte Ausstellungsfläche an Möbeln mit einer Unzahl an Ausstellungsstücken, allein 130 Küchen. Die müssen einmal auch ausgewechselt werden, damit es rasch geht, mit Preisaktion.
Wo bekommen Sie Möbel her?
Den größeren Teil aus Deutschland und Österreich, wo hoch technisierte Maschinenparks produzieren. Polstermöbel mit mehr Handarbeit kommen großteils aus Polen. Ich bin in Sorge, wenn ich daran denke, was wir vom Handy bis zur Kleidung alles aus China importieren. China dringt auch in den Möbelmarkt ein, dort wo viel mit Flechtarbeit zu machen ist. Denken Sie, wie die kleinen Stuhlerzeuger Friauls zu kämpfen haben.
Wie können Sie als regionaler Player gegen Konzerne bestehen?
Mit Europas größter Einkaufsgemeinschaft können wir Preise erzielen, mit denen wir am Markt mitspielen können.
Wie geht’s Ihnen mit 100 Millionen Euro Gruppenumsatz im Hochsteuerland Österreich?
In Italien und Slowenien sind die Einkommensteuern für Mitarbeiter und Unternehmen höher, vor allem in Italien ist das ein Riesenproblem. Man zahlt gerne Steuern in einem Land, wo Infrastruktur da ist und Sicherheit, wo man im Auto auch den Schlüssel vergessen kann.
Wo urlauben Sie gerne?
An der Adria, lieber an Felsen als am Sand, zuletzt auf einem Segelboot in den Kornaten.
Der Bleiburger Wiesenmarkt ist für Sie Pflicht?
Er weckt Erinnerungen an Freudentränen in staunenden Augen vor Riesenrad und Autodrom.