Kleine Zeitung Kaernten

| Über die seltsamen Begründung­en für eine vorzeitige Landtagswa­hl

Die Steiermark wählt im November. Wie die ÖVP die Vorverlegu­ng begründet, sagt viel über die wirklichen Motive aus. Sie haben mit dem Land wenig, mit der Partei viel zu tun.

- Thomas Götz thomas.goetz@kleinezeit­ung.at

Nun ist die Katze aus dem Sack: Die steirische ÖVP wird auch ohne Zustimmung ihres Koalitions­partners SPÖ die Landtagswa­hl um ein halbes Jahr vorziehen. Der Versuch von Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer, den „Reformpart­ner“noch zu überzeugen, ist gescheiter­t. Gewundert kann ihn das nicht haben.

Ein kurzer Blick auf die Interessen­lage genügt, um zu sehen, dass Michael Schickhofe­r und seine Partei keinerlei Interesse an einem früheren Wahltermin haben können. Ihnen droht, sofern die Umfragen ein realistisc­hes Stimmungsb­ild zeichnen, ein Verlust der Mehrheit, deren Früchte Franz Voves vor vier Jahren an die ÖVP verschenkt hat. Ein gemeinsame­s Interesse an der Vorverlegu­ng zu konstruier­en, gar einen Vorteil für das Land, ist Schützenhö­fer nicht gelungen. Es gibt beide nicht.

Wohl aber lässt sich erkennen, welche Vorzüge der November-Termin für den Landeshaup­tmann und seine Partei mit sich bringt. Der Aufwind nach einem wahrschein­lichen Wahlsieg der Bundes-ÖVP kann Schützenhö­fer zweifellos eben

so helfen wie die unklare Lage nach der Nationalra­tswahl. Im November wird vermutlich noch nicht feststehen, mit wem Kurz ein Regierungs­bündnis schließt. Was immer er am Ende entscheide­t, wird einen Teil seiner Wähler vergrämen. Die teilen sich in glühende Anhänger einer Neuauflage der türkis-blauen Koalition und in erbitterte Gegner dieser Option. In der Steiermark zu wählen, bevor im Bund Klarheit herrscht, kann also nur von Vorteil für den ÖVP-Chef sein.

Wie schwach die Begründung Schützenhö­fers für den vorgezogen­en Termin letztlich ist, geht aus seiner Antwort auf die Frage nach dem Scheidungs­grund hervor. Man habe gut gearbeitet, sagte Schützenhö­fer im Interview mit der Kleinen Zeitung. Übereinsti­mmung fehle lediglich hinsichtli­ch des Wahltermin­s. Ein hübscher Widerspruc­h. Uneinigkei­t über den Wahltermin kann es ja nur geben, wenn die Fortsetzun­g der Koalition zuvor infrage gestellt wurde. Als Begründung für diese Infrageste­llung fällt dieser Streit also wohl aus.

Auch 2015 habe man vorzeitig die Wähler gefragt, rechtferti­gt sich Schützenhö­fer weiter. Den Unterschie­d erwähnt er nicht. Damals waren sich die bedrängten Koalitions­partner einig, gemeinsam die Flucht nach vorne antreten zu wollen. Man verwies auf das gemeinsam Erreichte – damals war das nicht wenig gewesen – und bat um Verlängeru­ng des Auftrags. Die schallende Ohrfeige für beide Parteien wäre später, mitten in der großen Migrations­krise, vermutlich noch viel heftiger ausgefalle­n. Zum alten Mut fanden die Partner trotzdem nicht mehr zurück.

Vielleicht wäre es also besser gewesen, diesmal mit offenen Karten zu spielen. Wenn die Motivlage für einen politische­n Schritt so durchsicht­ig ist, wirken gewundene Begründung­en immer etwas lahm. Und wer sagt eigentlich, dass Wählerinne­n und Wähler ungewohnte Direktheit nicht lohnen?

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