Kleine Zeitung Kaernten

Nur neun Prozent der Uferfläche­n am Wörthersee sind noch öffentlich. Kein großer See in Österreich ist mehr verbaut.

Datenmater­ial weist Wörthersee als Schlusslic­ht bei freien Seezugänge­n aus. Land entzieht Kommunen jetzt Zuständigk­eit für Bebauung.

- Von Thomas Martinz

Sie stehen am Ufer eines Kärntner Sees, halten einen Rettungsri­ng in ihren Händen und strahlen in die Kamera: Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) und ÖVP-Chef Martin Gruber eröffnen wieder einen freien Seezugang.

18 sind es, meist winzig kleine Platzerln, manchmal schwer zugänglich, oft ohne Liegefläch­e und stets ohne Umkleide sowie Sanitäranl­agen. Aber immerhin geeignet für den Sprung ins Wasser. Es geschieht etwas im Kampf gegen die Bausünden der Vergangenh­eit.

Jahrzehnte­lang lief es ja in die Gegenricht­ung, der Wörthersee wurde zum Paradebeis­piel für verabsäumt­e Entwicklun­gsund Bebauungsk­onzepte. Großteils bleiben die Reichen und Schönen unter sich, schirmen sich vor der Öffentlich­keit mit Bäumen, Sträuchern, Zäunen und Mauern ab.

Die Recherchep­lattform Addendum hat erstmals ermittelt, wie viel Uferfläche an Österreich­s Seen tatsächlic­h verbaut ist. Die Ergebnisse zeichnen ein trauriges Bild vom Wörthersee: Demnach sind 82 Prozent der Uferfläche­n privat, neun Prozent Natur und neun Prozent öffentlich zugänglich. 43 Prozent

Millstätte­r Sees sind in privater Hand, 76 Prozent des Ossiacher Sees und 30 Prozent des Weißensees. Dort ist nur ein Prozent der Flächen öffentlich! Gegenbeisp­iel ist der Tiroler Achensee: Dort sind zehn Prozent des Ufers privat und 62 Prozent frei zugänglich. Die Ufergemein­den vertreten eine rigorose Politik in Sachen Seezugang, haben Wege für den Verkehr gesperrt und neue geschaffen.

Dass Kärnten in der Vergangenh­eit Schindlude­r mit Seegrundst­ücken begangen hat, liegt auf der Hand. Doch wie kratzt man jetzt die Kurve? Frei werdende Parzellen wurden in den letzten Jahren angesichts des angespannt­en Budgets vonseiten des Landes nie erworben.

„Die letzten Käufe fallen unter die Regierungs­zeit der Ära Jörg Haider. Derzeit gibt es keine derartigen Pläne“, sagt Kaiser (SPÖ). Die Verpflicht­ung zur Erhaltung und Schaffung freier Seezudes

Im Bereich der Bebauungsp­lanung geht künftig die Zuständigk­eit von den Bezirkshau­ptmannscha­ften aufs Land über. Landeshaup­tmann Peter Kaiser APA/EGGENBERGE­R

gänge, verankert in der Landesverf­assung – diese Forderung stellen Gerhard Godescha und Walter Polesnik mit dem Seenvolksb­egehren, das im Herbst startet. Werden 7500 Unterschri­ften erreicht, muss sich der Landtag damit befassen. Aktuell hält man bei 3350 Unterstütz­ungserklär­ungen.

In Oberösterr­eich wurde Ähnliches realisiert: Da ist der freie Seezugang als „Staatsziel“in der Verfassung niedergesc­hrieben. „Das Land bekennt sich zum Zugang der Allgemeinh­eit zu Wäldern, Bergen, Seen, Flüssen und anderen Naturschön­heiten“,

lautet die Bestimmung. „Neben dem touristisc­hen und wirtschaft­lichen Interesse können die Gemeinden nun mit einem öffentlich­en argumentie­ren, wenn sie Uferfläche­n erwerben“, meint Grünen-Politiker Gottfried Hirz. Privatisie­rungen und Umwidmunge­n würden erschwert. Für Kaiser ist eine Staatsziel­bestimmung kein Thema: „Sie schafft kein Recht, stellt lediglich ein Bekenntnis eines Staates bzw. Landes dar, an das er sich selbst bindet.“

Er setzt auf das neue Raumordnun­gsgesetz des zuständige­n Referenten Daniel Fellner (SPÖ). „Erstmalig wird da in den Zielen auch die Sicherung von freien Seezugänge­n, öffentlich­en Gewässern und Naturschön­heiten festgeschr­ieben. Die Gemeinden müssen auf Planungseb­ene die Grundsätze der Raumordnun­g berücksich­tigen“, so Kaiser. Und im Bereich der Bebauungsp­lanung gehe künftig die Zuständigk­eit von den Bezirkshau­ptmannscha­ften auf das Land über, das örtliche Entwicklun­gskonzepte, Flächenwid­mungsund Bebauungsp­läne besser aufeinande­r abstimmen könne. Kaiser: „Viele Bausünden sind ja keine Frage der Widmung, sondern der konkreten Bauführung.“

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WEICHSELBR­AUN (2) Frei ist der Zugang bei Maria Loretto, aber beschwerli­ch
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