Nur neun Prozent der Uferflächen am Wörthersee sind noch öffentlich. Kein großer See in Österreich ist mehr verbaut.
Datenmaterial weist Wörthersee als Schlusslicht bei freien Seezugängen aus. Land entzieht Kommunen jetzt Zuständigkeit für Bebauung.
Sie stehen am Ufer eines Kärntner Sees, halten einen Rettungsring in ihren Händen und strahlen in die Kamera: Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und ÖVP-Chef Martin Gruber eröffnen wieder einen freien Seezugang.
18 sind es, meist winzig kleine Platzerln, manchmal schwer zugänglich, oft ohne Liegefläche und stets ohne Umkleide sowie Sanitäranlagen. Aber immerhin geeignet für den Sprung ins Wasser. Es geschieht etwas im Kampf gegen die Bausünden der Vergangenheit.
Jahrzehntelang lief es ja in die Gegenrichtung, der Wörthersee wurde zum Paradebeispiel für verabsäumte Entwicklungsund Bebauungskonzepte. Großteils bleiben die Reichen und Schönen unter sich, schirmen sich vor der Öffentlichkeit mit Bäumen, Sträuchern, Zäunen und Mauern ab.
Die Rechercheplattform Addendum hat erstmals ermittelt, wie viel Uferfläche an Österreichs Seen tatsächlich verbaut ist. Die Ergebnisse zeichnen ein trauriges Bild vom Wörthersee: Demnach sind 82 Prozent der Uferflächen privat, neun Prozent Natur und neun Prozent öffentlich zugänglich. 43 Prozent
Millstätter Sees sind in privater Hand, 76 Prozent des Ossiacher Sees und 30 Prozent des Weißensees. Dort ist nur ein Prozent der Flächen öffentlich! Gegenbeispiel ist der Tiroler Achensee: Dort sind zehn Prozent des Ufers privat und 62 Prozent frei zugänglich. Die Ufergemeinden vertreten eine rigorose Politik in Sachen Seezugang, haben Wege für den Verkehr gesperrt und neue geschaffen.
Dass Kärnten in der Vergangenheit Schindluder mit Seegrundstücken begangen hat, liegt auf der Hand. Doch wie kratzt man jetzt die Kurve? Frei werdende Parzellen wurden in den letzten Jahren angesichts des angespannten Budgets vonseiten des Landes nie erworben.
„Die letzten Käufe fallen unter die Regierungszeit der Ära Jörg Haider. Derzeit gibt es keine derartigen Pläne“, sagt Kaiser (SPÖ). Die Verpflichtung zur Erhaltung und Schaffung freier Seezudes
Im Bereich der Bebauungsplanung geht künftig die Zuständigkeit von den Bezirkshauptmannschaften aufs Land über. Landeshauptmann Peter Kaiser APA/EGGENBERGER
gänge, verankert in der Landesverfassung – diese Forderung stellen Gerhard Godescha und Walter Polesnik mit dem Seenvolksbegehren, das im Herbst startet. Werden 7500 Unterschriften erreicht, muss sich der Landtag damit befassen. Aktuell hält man bei 3350 Unterstützungserklärungen.
In Oberösterreich wurde Ähnliches realisiert: Da ist der freie Seezugang als „Staatsziel“in der Verfassung niedergeschrieben. „Das Land bekennt sich zum Zugang der Allgemeinheit zu Wäldern, Bergen, Seen, Flüssen und anderen Naturschönheiten“,
lautet die Bestimmung. „Neben dem touristischen und wirtschaftlichen Interesse können die Gemeinden nun mit einem öffentlichen argumentieren, wenn sie Uferflächen erwerben“, meint Grünen-Politiker Gottfried Hirz. Privatisierungen und Umwidmungen würden erschwert. Für Kaiser ist eine Staatszielbestimmung kein Thema: „Sie schafft kein Recht, stellt lediglich ein Bekenntnis eines Staates bzw. Landes dar, an das er sich selbst bindet.“
Er setzt auf das neue Raumordnungsgesetz des zuständigen Referenten Daniel Fellner (SPÖ). „Erstmalig wird da in den Zielen auch die Sicherung von freien Seezugängen, öffentlichen Gewässern und Naturschönheiten festgeschrieben. Die Gemeinden müssen auf Planungsebene die Grundsätze der Raumordnung berücksichtigen“, so Kaiser. Und im Bereich der Bebauungsplanung gehe künftig die Zuständigkeit von den Bezirkshauptmannschaften auf das Land über, das örtliche Entwicklungskonzepte, Flächenwidmungsund Bebauungspläne besser aufeinander abstimmen könne. Kaiser: „Viele Bausünden sind ja keine Frage der Widmung, sondern der konkreten Bauführung.“