Brexit-Drama. Johnson wollte das Parlament aushebeln – das schlägt zurück.
Erste Parlamentssitzung in Großbritannien nach der Sommerpause: Opposition will ChaosBrexit verhindern. Neuwahl im Oktober?
In seinen mehr als neun Jahren als britisches Kabinettsmitglied galt Philip Hammond stets als langweiliger Technokrat. Egal ob Verkehr, Verteidigung, Außen oder zuletzt Finanzen sein Ressort war, „Tabellen-Phil“tat mit kühler Effizienz seinen Job, rhetorische Glanzlichter waren von ihm nicht zu erwarten.
Seit Boris Johnson vor sechs Wochen Premierminister wurde, gehört der 63-Jährige mit den eisgrauen Haaren zu den Hinterbänklern der konservativen Fraktion. Als Hammond am Dienstag in der Debatte über Johnsons Regierungserklärung zum G7-Gipfel das Wort ergreift, hält das Hohe Haus die Luft an. Es spricht, kein Zweifel, der neue Oppositionsführer: Anders als von seinem „sehr ehrenwerten“Parteifreund behauptet, gebe es keinerlei Fortschritt in den Verhandlungen über den EU-Austritt. Wenn die Regierung wirklich neue Vorschläge vorgelegt habe, „ver
spricht er dann deren Veröffentlichung?“
Der Angesprochene weicht aus, wie er zuvor schon den Nachfragen des nominellen Oppositionsführers und LabourVorsitzenden Jeremy Corbyn sowie anderer Parlamentarier ausgewichen ist. Johnson ist nicht in Form, die Reaktion seiner konservativen Abgeordneten lässt es erkennen. Gleich zu Beginn seines Statements schreitet ein hochgewachsener schlanker Mann in den Plenarsaal, wendet sich nach rechts, erklimmt die Stufen zur dritten Bank und nimmt neben der liberalen Parteichefin Jo Swinson Platz. Auf unverkennbar englisch-theatralische Weise hat Phillip Lee seinen Übertritt von den Torys zu den Liberaldemokraten demonstriert und damit dem Premierminister die Show gestohlen – und die knappe Mehrheit im Unterhaus.
Im Lauf des Abends, nach Redaktionsschluss, wollte eine parteiübergreifende Allianz, unterstützt von rund 15 Tory-Rebel