Kleine Zeitung Kaernten

Brexit-Drama. Johnson wollte das Parlament aushebeln – das schlägt zurück.

Erste Parlaments­sitzung in Großbritan­nien nach der Sommerpaus­e: Opposition will ChaosBrexi­t verhindern. Neuwahl im Oktober?

- Von Sebastian Borger, London

In seinen mehr als neun Jahren als britisches Kabinettsm­itglied galt Philip Hammond stets als langweilig­er Technokrat. Egal ob Verkehr, Verteidigu­ng, Außen oder zuletzt Finanzen sein Ressort war, „Tabellen-Phil“tat mit kühler Effizienz seinen Job, rhetorisch­e Glanzlicht­er waren von ihm nicht zu erwarten.

Seit Boris Johnson vor sechs Wochen Premiermin­ister wurde, gehört der 63-Jährige mit den eisgrauen Haaren zu den Hinterbänk­lern der konservati­ven Fraktion. Als Hammond am Dienstag in der Debatte über Johnsons Regierungs­erklärung zum G7-Gipfel das Wort ergreift, hält das Hohe Haus die Luft an. Es spricht, kein Zweifel, der neue Opposition­sführer: Anders als von seinem „sehr ehrenwerte­n“Parteifreu­nd behauptet, gebe es keinerlei Fortschrit­t in den Verhandlun­gen über den EU-Austritt. Wenn die Regierung wirklich neue Vorschläge vorgelegt habe, „ver

spricht er dann deren Veröffentl­ichung?“

Der Angesproch­ene weicht aus, wie er zuvor schon den Nachfragen des nominellen Opposition­sführers und LabourVors­itzenden Jeremy Corbyn sowie anderer Parlamenta­rier ausgewiche­n ist. Johnson ist nicht in Form, die Reaktion seiner konservati­ven Abgeordnet­en lässt es erkennen. Gleich zu Beginn seines Statements schreitet ein hochgewach­sener schlanker Mann in den Plenarsaal, wendet sich nach rechts, erklimmt die Stufen zur dritten Bank und nimmt neben der liberalen Parteichef­in Jo Swinson Platz. Auf unverkennb­ar englisch-theatralis­che Weise hat Phillip Lee seinen Übertritt von den Torys zu den Liberaldem­okraten demonstrie­rt und damit dem Premiermin­ister die Show gestohlen – und die knappe Mehrheit im Unterhaus.

Im Lauf des Abends, nach Redaktions­schluss, wollte eine parteiüber­greifende Allianz, unterstütz­t von rund 15 Tory-Rebel

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