„Das habt ihr noch nie gesehen in eurem Leben“
Marko Arnautovic ging nach China, weil er was Neues sehen wollte. Geld sei überragend, aber nicht das Wichtigste.
Und schon wieder ein Meer, diesmal aber das Steinerne, benannt nach dem wellenförmigen Bergrücken nördlich von Saalfelden, wo sich hier das gut gebettete österreichische Fußball-Team geborgen fühlen darf. Aber auch in seinem neuen Leben ist Marko Arnautovic in einem sicheren Hafen gelandet, bei SIPG Shanghai am 10.990 Fahrkilometer entfernten Ostchinesischen Meer. SIPG steht nämlich für Shanghai International Port Group, und das Unternehmen betreibt alle Terminals im größten Ankerplatz des Planeten. Es verfügt also über das nötige Kleingeld, um dem 30-jährigen Wiener das Wochensalär von 220.000 Euro anzuliefern (nicht im Container).
Aber das Geld ist zwar laut Arnautovic „überragend“, doch nicht das zentrale Motiv für seinen Wechsel nach China. „Sollen die Leute doch denken, was sie wollen“, sagt er. Allerdings beschäftigt ihn das Thema, und daher nützt er die Gelegenheit zur Klarstellung. „Ich habe da einiges gehört, in Ös
terreich und in England. Leute, die sonst nichts sagen, waren auf einmal sehr laut.“Fremdbestimmt war Österreichs bester Fußballer gewiss nicht, abgestimmt mit den ihm am nächsten Stehenden war der Beschluss freilich schon. „Es ist meine Entscheidung und die von meiner Familie, und die muss jeder Mensch auf der Erde respektieren“, betont der ExWest-Ham-Legionär. Er wollte was Neues sehen von der Welt, „raus von Europa“. Er sei „Tage und Nächte gesessen, mit meiner Frau, dem Bruder, Vater, Mutter. Lass uns was anderes erleben“. Das Reich der Mitte wurde letztlich zur zentralen Anlaufstelle. „Es ist ein Angebot gekommen und das zweimal aus China. Sie haben mir einfach das Gefühl gegeben, dass ich sehr wichtig für sie bin und sein kann und ihnen weiterhelfen kann.“Das Finanzielle werde er nicht infrage stellen, „aber es geht nicht alles immer um Geld“. Er werde auch nicht seine Qualitäten verlieren, „nur weil ich jetzt dort bin“. Was die Leute über ihn reden würden und in so manchen Medien verbreitet werde, sei das Eine. „Ich bin anders.“
Und wie steht es um den chinesischen Fußball? Auch hier versucht Arnautovic eine Teilrehabilitierung. Er sei jedenfalls um einiges besser als sein Ruf. „Sie haben sehr gutes Kombinationsspiel, betreiben sehr viel Laufarbeit, spielen sehr kampfbetont. Ich war positiv überrascht. Sie haben natürlich nicht die Qualität von England, aber sie haben gegen Klubs aus der zweiten englischen
Liga Spiele gewonnen“, und auch das bedeutet was.
Arnautovic lebt in der mit 26 Millionen Menschen bevölkerungsreichsten Stadt Chinas keineswegs in Abgeschiedenheit. Er wohnt mitten im Zentrum, geht abends aus, taucht ein ins Lichtermeer und mischt sich unter die Massen. „Das habt ihr noch nie gesehen in eurem Leben. Wenn du um zehn, elf Uhr spazieren gehst, sind eine Million Menschen auf der Straße.“Sie lassen ihn weitgehend unbehelligt. Aber wer ein Foto will, der beharre darauf.