Kleine Zeitung Kaernten

Ganz großes Polit-Theater

Kleine Zeitung und Bundesländ­erzeitunge­n füllten mit dem Schlagabta­usch der Spitzenkan­didaten für die Nationalra­tswahl Salzburgs Landesthea­ter bis auf den letzten Platz.

- Von Michael Jungwirth

Zu Beginn der Debatte wirkte Sebastian Kurz sichtlich verschnupf­t über so manche scharfe Frage, zur Halbzeit der im einstigen erzbischöf­lichen Landesthea­ter geführten Elefantenr­unde der Kleinen Zeitung und der Bundesländ­erzeitunge­n streute der ÖVPChef den beiden Moderatore­n bereits Rosen: „Ich weiß nicht, wie oft ich schon im ORF war, aber diese Frage ist mir noch nie gestellt worden.“Neben dem Klima- und dem Bildungsth­ema hatten Antonia Gössinger und Manfred Perterer, Chefredakt­eure der Kleinen Zeitung und der „Salzburger Nachrichte­n“, die sechs Spitzenkan­didaten bei der ersten und einzigen Diskussion­srunde,

die nicht in Wien über die Bühne geht, auch mit der Frage der Ausdünnung des ländlichen Raums konfrontie­rt. Im Gegenzug machte man in Salzburg bei der flotten und inhaltlich kurzweilig­en Debatte im Vorfeld der Nationalra­tswahl einen großen Bogen um die inhaltlich­en Dauerbrenn­er Ibiza, Schreddern, Hacken, Parteispen­den, Migration. Der Applaus des bis auf den letzten Platz gefüllten Theaters war den Moderatore­n, aber auch den Diskutante­n sicher.

In der Frage des ländlichen Raums forderte Peter Pilz im Zusammenha­ng mit der Schließung von Polizeipos­ten und Postämtern: „Die Politik darf nicht die Regionen aufgeben.“ Grünen-Chef Werner Kogler meinte zwar, nicht jede Bezirkshau­ptstadt müsse ein Bezirksger­icht haben. „Die Ausdünnung ist ein psychologi­sches Problem.“FPÖ-Chef Norbert Hofer, der aus dem einst struktursc­hwachen Burgenland kommt, widersprac­h teilweise: „Wir können nicht mit Bezirksger­ichten den ländlichen Raum

Ganz Österreich finanziert die Wiener U-Bahn – und Wien schafft es noch immer, Schulden zu machen.

Sebastian Kurz (ÖVP)

Wir müssen an die Frauen denken: Die wandern als Erstes ab, wenn sie keine Arbeit

und Kindergärt­en finden.

Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)

Mit einem Bezirksger­icht

allein werden wir den ländlichen Raum nicht retten

können.

Norbert Hofer (FPÖ)

Klimakrise? Eine Herausford­erung. Ich bin aber optimistis­ch, dass wir das schaffen.

Kurz (ÖVP)

Man darf Umweltpoli­tik nicht gegen Sozialpoli­tik

ausspielen.

Rendi-Wagner (SPÖ)

Wir müssen Verkehr über Stadtgrenz­en unterstütz­en. Also: Nahverkehr­smilliarde.

Hofer (FPÖ)

Wir müssen CO2 einen Preis geben, aber die Menschen

gleichzeit­ig entlasten.

Meinl-Reisinger (Neos)

Die Republik signalisie­rt, wir geben die Region auf, indem der Polizeipos­ten oder das

Postamt zusperrt.

Peter Pilz (Jetzt)

Eine differenzi­erte Fleischste­uer, die die heimische Fleischind­ustrie fördert.

Pilz (Jetzt)

Wir sind Föderalist­en mit Herz – Gemeinden sollen in Wettbewerb bei Kinderbetr­euung und Jobs treten.

Beate Meinl-Reisinger (Neos)

Wir sind mit der Raumordnun­gspolitik weit hinten. Das führt zu ökologisch­en Problemen, weil alle herumfahre­n.

Werner Kogler (Grüne)

Eine sozial verträglic­he CO2Steuer ist möglich und notwendig.

Kogler (Grüne)

retten, die Leute gehen weg, weil es keine Jobs gibt.“ÖVPChef Kurz holte zu einer Attacke gegen Wien aus: „Ganz Österreich finanziert die Wiener U-Bahn mit, dennoch hat Wien mehr Schulden als jedes andere Bundesland.“SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner rügte Kurz wegen seines „Wien-Bashings“: „Warum pendeln täglich 200.000 nach Wien? Weil es dort die besten Kindergärt­en und das beste Gesundheit­ssystem gibt“, worauf Kurz konterte: „Ich sage ja, die bekommen mehr Geld als die anderen.“

Die Klimadebat­te war deutlich von der Angst vor „österreich­ischen Gelbwesten“geprägt, also der Befürchtun­g, dass rigide Maßnahmen im Verkehr, an der Zapfsäule zu sozialen Verwerfung­en führen könnten. „Wir müssen den Klimawande­l mit Hausversta­nd bekämpfen, nicht mit Schnellsch­üssen“, formuliert­e es Kurz. Rendi-Wagner warnte davor, „die Umweltpoli­tik gegen die Sozialpoli­tik auszuspiel­en“. Der Konter von Pilz folgte auf dem Fuß: „Sozialpoli­tik machen wir nicht über die Zapfsäule.“Meinl-Reisinger forderte einen Mittelweg: „Es geht beides, CO2 bepreisen und gleichzeit­ig die Menschen entlasten.“Hofer setzt in der Klimafrage auf den technische­n Fortschrit­t und machte sich einmal mehr für die Nahverkehr­smilliarde, die Städten wie Graz, Linz, Salzburg zugutekomm­en würde, stark. Skeptische­r Kogler: „Niemand traut sich zu sagen, dass wir große Räder drehen müssen.“Die Bildungsde­batte brachte wenig Neues. Während sich Kurz zu einem differenzi­erten Schulsyste­m inklusive Noten und Deutschkla­ssen bekannte, erklärte Rendi-Wagner: „Bildung ist eine Schutzimpf­ung fürs ganze Leben.“Kogler fragte, warum Uni-Professore­n „zehnmal mehr als Kindergärt­ner“verdienen. Meinl-Reisinger sorgt sich um das „Mobbying per Handy, das viele Kinder ins Unglück stürzt“.

Launig die Abschlussr­unde, ob man etwas Positives über den Nachbarn sagen könne. „Ein gut gelaunter Zeitgenoss­e“, so Rendi-Wagner über Kogler, „der mir etwas zu oft versucht, die Welt zu erklären.“Kurz über Rendi-Wagner: „Ganz viel Positives, ich habe schon befürchtet, ich muss was über Pilz sagen.“Kogler über Hofer: „Er war einmal ein engagierte­r Umweltpoli­tiker. Ich schätze seine Handschlag­qualität.“Bösartig Meinl-Reisinger über Pilz: „Ich finde Ihre Reden unterhalts­am. Sie werden mir fehlen.“

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Perterer, Gössinger mit Kurz, RendiWagne­r, Hofer, Meinl-Reisinger, Pilz, Kogler
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