Ein Bärendienst für den Kanzlerkandidaten
Eine neue Biografie über Kurz wirft viele Fragen auf und liest sich dürftig.
Die erste Biografie von Sebastian Kurz hat Paul Ronzheimer Anfang 2018 geschrieben. Der stellvertretende Chefredakteur der „Bild“ist nachweislich ein journalistisches Schwergewicht, wenn auch mit Hang zur Selbstdarstellung und ausgeprägter Boulevardsprache. Auch wenn es irritierend war, dass ausgerechnet ein deutscher Journalist im deutschen Verlag Herder mit dem ersten Buch über den jüngsten Kanzler Österreichs herauskam, so war es doch mit Einwilligung des ÖVP-Chefs, durchaus erhellend und dennoch mit kritischer Distanz geschrieben. Dies alles lässt sich bei Judith Grohmann nicht erkennen. Die Wienerin stellt sich zwar ab Mittwoch mit einer Biografie ebenfalls dem Buchmarkt, aber schon ihr Lebenslauf wirft Fragen auf. Ihre Selbstdarstellung als „jüngste InvestigativJournalistin und Schlussredakteurin Österreichs“in Diensten des „profil“wird vom Nachrichtenmagazin als äußerst geschönt dargestellt. Sie sei weder Chefin vom Dienst gewesen noch dem Herausgeber bekannt, der sie nach ihren Worten gefördert haben soll. Das Kurz-Team bestätigt immerhin, dass man mit Kontakten geholfen habe und das Buch gelesen.
Begeisterung über das Buch dürfte in der ÖVP kaum aufkommen. Denn es liest sich äußerst dürftig. Biografien dürfen lobhudeln, derartige Lobpreisung, wie sie von Grohmann in übersichtlicher Erzählbegabung verwendet wird, dürfte aber selbst dem Stab von Kurz peinlich sein. Denn sie beschränkt sich nicht auf die Erzählungen rund um den Politiker, sondern versucht sich in tölpelhafter Laienpsychologie. Da die Autorin es weder mit ihrem Lebenslauf noch mit dem Fakt, dass es nicht die erste autorisierte Biografie ist, genau nimmt, werfen andere Darstellungen ebenfalls Zweifel auf. Tatsächlich unterlaufen ihr einige Fehler, die bei gutem Lektorat im Finanzbuchverlag in München hätten auffallen müssen. Dass selbst der ÖVP entgangen ist, dass Wolfgang Schüssel die Wahl 2000 nicht gewonnen hat (und sie zudem 1999 stattfand), zeigt, dass sich auch das Kurz-Team eher widerwillig mit dem Buch beschäftigt hat.