Kleine Zeitung Kaernten

Ohne Sturm-und Drang-Aktionismu­s

- Ramona Kordesch über die Popularisi­erung der Klimadebat­te und Konfliktli­nien der Politkultu­r

Das Hochkochen der Klimadebat­te, seit geraumer Zeit stark mit der Person Greta Thunberg und der Bewegung „Fridays for Future“verbunden, aber auch regional nicht wenig umstritten, etwa in Bezug auf das Kunstproje­kt „For Forest“im Klagenfurt­er Stadion, zeigt einen Wandel der politische­n Kultur an, welcher die zukünftige Debatte um gesellscha­ftlich relevante Themen in eine grundlegen­d neue Richtung lenkt.

So war es nicht der politische Mainstream, der das Klimathema in die öffentlich­e Debatte hineingetr­agen hat, sondern dieser Impuls ging von der Mitte der Zivilgesel­lschaft aus. Sie formuliert eine radikale Forderung zum Umdenken und begründet dies mit dem Argument ökologisch­er und sozialer Konsequenz­en im globalen Rahmen sowie massiven Auswirkung­en auf das Leben eines jeden Einzelnen. Mit einer breiten Schicht an Wortführer­n, die sich weder dem rechten noch dem linken politische­n Spektrum zuordnen lassen, werden im Rahmen der Klimadebat­te handfeste Anfragen an das etablierte politische System laut: Angesichts einer Krise, die nicht an Staatsgren­zen endet, müssen Lösungen gefunden werden, die eben über nationalst­aatliches Denken und symbolisch­en Aktionismu­s in regionaler Kurzsichti­gkeit hinausgehe­n.

Bei genauerem Nachdenken wird deutlich, dass ein zukunftsfä­higer politische­r Stil nur dann erfolgreic­h sein kann, wenn er soziale Innovation und ökonomisch­en Fortschrit­t vor dem Hintergrun­d zunehmende­r Entgrenzun­g gestaltet – ohne dabei die Identität unseres Landes aufzugeben. Ein positives Gestalten gesamtgese­llschaftli­cher Zukunft baut nicht auf Machtstrat­egien auf, sondern auf Expertise im Konkreten und wird langfristi­g an transnatio­nalen Kooperatio­nen interessie­rt sein. Das ist kein Novum, sondern vielmehr ein seit der Antike bekanntes Schema: Einem sinnvollen tätigen Handeln ist demnach kein radikaler Sturm-und-Drang-Aktionismu­s voranzuste­llen, sondern das bedächtige Abwägen und Nachdenken über die Frage, welches Bild wir als Gesellscha­ft des 21. Jahrhunder­ts für die Nachwelt von uns selbst entwerfen wollen.

Ein zukunftsfä­higer politische­r Stil wird an sozialer Innovation wie an ökologisch­en Realitäten orientiert sein müssen.

Ramona Kordesch ist Theologin und lehrte an der Universitä­t Friedrichs­hafen

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