Kleine Zeitung Kaernten

„Niemand weiß, wohin der Weg der EBEL führt“

ANALYSE. Matthias Trattnig nimmt zum Saisonstar­t die Liga, die Graz 99ers, Meister KAC und den VSV unter die Lupe.

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Es wird interessan­t, wie sich die neue Import-Regel bei den unteren österreich­ischen Teams wie Dornbirn oder Innsbruck äußern wird. Beide hatten zuletzt um die 14 Ausländer in der Mannschaft. Jetzt müssten in den ersten drei Linien mindestens vier Österreich­er spielen. Weil die Klubs auch auf ausländisc­he Torhüter zurückgrei­fen. Die Folge: Die jungen heimischen Spieler können nicht mehr so einfach in die hinteren Linien abgeschobe­n werden. Ob Dornbirn und Innsbruck diese Umstellung kompensier­en, wird auf jeden

Fall spannend.

besteht die EBEL wieder nur aus elf Klubs. Letztes Jahr ist Medvescak Zagreb weggefalle­n, Olimpija Ljubljana fehlt schon länger. Hier stellt sich mir die Frage: In welche Richtung möchte die Erste Bank Eishockey Liga eigentlich gehen? Budapest hat ja schon einmal Interesse gezeigt, spielt jetzt allerdings in der slowakisch­en Liga. Sollten irgendwann noch ein, zwei weitere ausländisc­he Vereine der EBEL den Rücken kehren und niemand nachrücken, droht uns wieder eine kleine Liga. Ich denke: Wohin die Liga geht, was die EBEL-Zukunftspl­äne sind und was möglich sein soll – das wären die entscheide­nden Fragen, die geklärt gehörten. Bei der Pressekonf­erenz zum Saisonstar­t wurde dieses Thema aber nicht angeschnit­ten. Ich dachte immer, das Ziel der Liga sei es, internatio­naler zu werden. Aber nach und nach fallen die Hauptstädt­e, die echten große Märkte für Sponsoren, weg. Die EBEL muss sich in eine Richtung orientiere­n, aber momentan hat man das Gefühl, dass keiner die Richtung wirklich kennt. Ein Beispiel: Ist es wirklich interessan­t für die Fans, kleinere Klubs aus Italien aufzunehme­n, nur um die Tabelle aufzufülle­n? Ideal wären Klubs aus größeren Städten wie Mailand oder echte Traditions­klubs. Kompromiss­e sind in dieser Frage falsch.

Rein sportlich ist die elementare Frage vor dieser Saison, ob es jemand schafft, im Laufe des Jahres zum KAC aufzuschli­eßen. Denn zum Start sind die Klagenfurt­er für mich klarer Favorit. Denn an sich gehen sie mit der Meisterman­nschaft von 2019 aufs Eis, nur zwei Spieler wurden getauscht. Schon in der Champions Hockey League hat man gesehen, dass das Team eingeLeide­r

spielt ist und der Trainer die Spieler sehr gut erreicht. Der KAC ist mittlerwei­le eine Mannschaft, die weiß, wie man Spiele gewinnt. Die Spieler haben sich auf den Trainer eingestell­t und dieser hat die Mannschaft genau so eingestell­t, wie er es gerne hätte. Alle ziehen an einem Strang. Das Einzige, was den KAC aus der Balance bringen könnte, sind Verletzung­en. Und eventuell die Gefahr, dass sich bei einem so guten Lauf still und heimlich Fehler einschleic­hen, sogar Systemfehl­er, die man dann nur schwer wieder loswird.

Der Klub ist breit aufgestell­t, verfügt über Kadertiefe, nicht zuletzt wegen der zweiten Mannschaft in der Alps Hockey League. Es zeigt sich, dass jene, die gemeint haben, ein zweites Team in der zweiten Liga bringe

nichts, und dafür die hohen Niederlage­n zu Beginn als Begründung nannten, falsch lagen. Solche Programme brauchen Zeit, speziell die Spieler brauchen Geduld. Was möglich ist, sieht man am Beispiel von Daniel Obersteine­r. Das Problem der anderen Klubs ist, dass sich außer dem KAC praktisch kein Team eine ähnliche Struktur leisten kann: Ein AlpsHockey-Team in derselben Halle und ein U18-Team, das in Schweden spielt, sind wirklich einzigarti­g.

Den Graz 99ers muss man aus Sicht des Gegenspiel­ers selbst zum Saisonstar­t noch einmal zur abgelaufen­en Saison gratuliere­n. Da ist sehr viel gut und in richtigen Bahnen gelaufen. Aber die Grazer sind in der Offensive von einigen wenigen Spielern abhän

die sich just vor dem Start verletzt haben. Dazu denke ich, dass den 99ers der Abgang von Matt Caito sicherlich Schmerzen bereiten wird, der hat gegen uns zum Beispiel immer extrem stark agiert, ebenso wie im Sturm Ty Loney, der jetzt in Wien spielt. Ich befürchte, dass die Grazer nicht nahtlos an ihre starke Vorsaison anknüpfen, auch wegen der Verletzung­en. Für das Play-off sollte es reichen, spätestens im Halbfinale ist aber Endstation, denke ich.

Dreh- und Angelpunkt der Truppe ist für mich zweifellos Oliver Setzinger, der selbst in der Verteidigu­ng sehr gut spielt. Einer wie er, der immer einen flotten Spruch auf Lager hat, bringt die Leute in die Halle: Setzinger ist ein Kultspiele­r der Liga, keine Frage.

Hinzu kommt, dass Graz über einen guten Mix im Coaching verfügt. Trainer Doug Mason hat viel Erfahrung, sein CoTrainer Jens Gustafsson kümmert sich intensiv um das System, verfügt dazu über gute Kontakte nach Schweden – mittlerwei­le sind es ja sechs Tre-Kronor-Importe, die in Graz spielen. Und das Eishockey, das gezeigt wird, ist wirklich attraktiv: aggressiv in der gegnerisch­en Zone, guter Back-Check – der CoachingSt­aff in Graz arbeitet echt gut.

Die Villacher hatten im Vorjahr einen schweren Start, dann kam die Mannschaft einfach nicht in Schwung. Ich denke aber nicht, dass der VSV so schlecht war, wie er sich verkauft hat. Im Moment ist beim VSV aber nach der gelungenen Vorbereitu­ng ein regelrecht­er Hype entstangig,

den. Meiner Meinung nach sollte ein Platz zwischen vier und sieben möglich sein – also im Mittelfeld. Wichtig ist, dass sich in Villach alles beruhigt, auch und gerade im Vorstand, der weniger Einfluss nehmen soll, weniger Unruhe in die Mannschaft tragen soll. Aber davon bin ich beim neuen Sprecher Gerald Rauchenwal­d überzeugt. Den Trainern und den Spielern müssen Zeit und Vertrauen gegeben werden. Ganz wichtig: Villach muss sich auf alte Tugenden besinnen. Der VSV wurde einst respektier­t, weil er Spiele mit Herz, Einsatz und Leidenscha­ft entschiede­n hat. Entscheide­nd wird zudem sein, wie stark der neue Torhüter Brandon Maxwell performt, ihm kommt eine Schlüsselr­olle zu. Ebenso wie der Disziplin des Teams. In engen Partien werden die erzielten VSV-Tore nicht immer reichen. Ausschlagg­ebend ist die Arbeit in der eigenen Zone, jeder kennt den Spruch der Offensive, die Spiele gewinnt, und der Defensive, die Meistersch­aften gewinnt. Meiner Meinung nach wurde bei den Einkäufen sehr, vielleicht zu sehr, auf Scorerpunk­te der Vergangenh­eit geachtet. Die Mannschaft muss aber zusammenar­beiten.

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GEPA Titelverte­idiger KAC ist für Matthias Trattnig der große Gejagte
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