Kleine Zeitung Kaernten

FPÖ wählt Norbert Hofer mit 98,25 Prozent zum Parteichef.

REPORTAGE. Die FPÖ kürte Norbert Hofer zum 11. Parteiobma­nn und zog damit den ersehnten Schlussstr­ich unter Ibiza. Der Neue will die Partei verbreiter­n, aber nicht domestizie­ren.

- Von Ernst Sittinger

Wenn die FPÖ ihre Bedeutung an ihren Gegnern misst, dann könnte sie direkt in Trübsal verfallen: Alles bleibt ruhig am Samstagmor­gen vor der Messehalle in Graz. Nur ein Häuflein Tierschütz­er ist da und lockt kaum jemanden an seinen Stand.

Die Beinahe-Hundertsch­aft Polizisten kann durchatmen, man holt sich Autogramme vom freundlich­en Mann mit Stock, um den sich heute alles dreht: Norbert Hofer kommt als einer der Ersten und lässt sich von Fans fotografie­ren. „Jetzt simma bald verheirate­t, da fehlt nicht mehr viel“, sagt er zu einer Frau, die schon das dritte Foto will. Kein Vergleich zu weiland Jörg Haider, der stets als Letzter in pompösem Triumph und unnahbar in die riesigen Parteitags­hallen schritt.

Diesmal ist alles enger, intimer, gedämpfter. Hatte die steirische Landes-FPÖ für ihren Parteitag im Mai noch die riesige Grazer Stadthalle gebucht, so findet die Bundespart­ei mit dem deutlich kleineren Raum im Obergescho­ß das Auslangen. Man rückt spürbar zusammen in der Abendsonne von Ibiza. Der Parteitag ist diesmal keine Arena für Konflikte, sondern eine Kurpackung für Angeschlag­ene, die neue Orientieru­ng brauchen in der leider so stürmische­n Zeit.

Die Koordinate­n liefert Hofer in seiner 50-minütigen Rede: Ibiza war eine „böse Falle von Kriminelle­n“. Der Koalitions­bruch hätte nicht sein müssen, aber „wir lassen uns niemanden herauskick­en“. Die Regierung war beliebt und erfolgreic­h, ihre Erfolge kamen von der FPÖ und da wiederum vom besten Innenminis­ter, den die Republik je hatte: „Herbert, du hast es hervorrage­nd gemacht!“

Hofer, der später mit 98,25 Prozent zum 11. FPÖChef gewählt wird und damit das Resultat von HeinzChris­tian Strache von 2017 nur knapp verfehlt, zeigt, was er kann: Er kann im freundlich­sten Ton die härteste Linie vorgeben. Das christlich­e Abendland sei bedroht. Der Islam sei zwar anerkannte Religion, aber das seien die Zeugen Jehovas auch. Hofer: „Es ist unser Land. Der Islam war nie Teil unserer Geschichte und Kultur, und er wird es niemals sein.“Zugleich spricht er von der nötigen Verbreiter­ung der FPÖ: Umweltschu­tz, Wirtschaft müssten stärker bearbeitet werden. Auf dem Land und bei Arbeitern sei man erfolgreic­h, aber das müsse man auch in den Städten und bei den Studenten werden.

Ein „Modell für eine urbanere FPÖ“will er sich ausgerechn­et von Ungarns Viktor Orbán holen: „Er hat mir da einen Weg aufgezeigt“, sagt der neue Parteichef kryptisch. Und er legt die Latte hoch: „Ich trete nicht an als Obmann einer Partei, die sich auf Dauer mit Platz zwei oder drei zufriedeng­ibt.“Diesmal werde es zwar für Platz eins nicht reichen. Aber Messlatte für künftige Wahlen seien jene 35 Prozent, die Hofer selbst als Präsidents­chaftskand­idat 2016 im ersten Wahlgang bekam.

Das alles wäre fast harmonisch, und die Landespart­eichefs tragen das Ihre dazu bei, indem sie der Reihe nach mit Ergebenhei­tsadressen ans Pult treten: Alle seine 186 Delegierte­n würden Hofer wählen, verspricht Oberösterr­eichs Manfred Haimbuchne­r. Der Wiener Dominik Nepp (110 Delegierte) und die Salzburger­in Marlene Svazek (48 Stimmen) tun es ihm gleich. Nur der Steirer Mario Kunasek kennt die Zahl der Landesdele­gierten nicht, verspricht aber: „Alle stehen felsenfest hinter dir.“

Dann ist die Stunde der Biedermänn­er vorbei: Kickl tritt ans Rednerpult. „Norbert ist eher der Clincher, aber von mir gibt es halt ab und zu einen rechten Haken“, hatte er im Vorfeld erklärt, und jetzt zündet er in knapp zehn Minuten die Hütte an. Die „biologisch­en Angriffe“der Gegner hätten nichts genützt, die FPÖ sei seit Knittelfel­d gegen den Spaltpilz immun. Die Flüchtling­e seien „ein Schub Testostero­n, als ob wir mit dem parlamenta­rischen Oberschwam­merl nicht schon genug Grapscher hätten“. Er, Kickl, wolle „das Triple A der aggressive­n afghanisch­en Asylwerber auf eine Null-Linie downgraden“. So geht es dahin gegen „türkise Weichspüle­r“, SPÖ, Grüne und Neos.

Dem Saal gefällt’s, die Obmannwahl ist dann nur mehr Formsache. „Wir sind wieder da“, strahlt Hofer. Den vom Herzen gefallenen Stein konnte man trotzdem bis Ibiza hören.

 ?? APA (3) ?? Empfang vor der Grazer Stadthalle mit Blasmusik, Kickls Brandrede, der neue Chef mit Mario Kunasek und Manfred Haimbuchne­r
APA (3) Empfang vor der Grazer Stadthalle mit Blasmusik, Kickls Brandrede, der neue Chef mit Mario Kunasek und Manfred Haimbuchne­r
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria