Johann Marihart, Vorstand des Lebensmittelkonzerns Agrana, über die Folgen gefallener Zuckerpreise und Kritik am Mercosur-Pakt.
INTERVIEW. Matthias Strolz meldet sich mit einem Ratgeberbuch zurück: warum man Altes loslassen muss, um Neues zu greifen, und Marcel Hirscher alles richtig macht.
Herr Strolz, Ihr Rückzug aus der Politik liegt schon mehr als ein Jahr zurück, letzte Woche interessierte das Karriere-Ende von Marcel Hirscher das ganze Land. Sind solche Übergänge im Leben nicht auch mit Angst verknüpft?
MATTHIAS STROLZ: Ich habe natürlich Ängste, zum Beispiel alleine im dunklen Wald. Doch beim Ausstieg aus der Politik war ich angstfrei – aber nicht sorgenfrei. Ich habe ja die Nachzahlung im Parlament gekündigt, nach zwei, drei Monaten war ich abgebrannt und habe einen Kredit aufgenommen. Aber ich habe Vertrauen: Solange der Kopf funktioniert, werde ich immer was finden. Momentan muss ich eher aufpassen, dass ich mich nicht übernehme.
Einen Neustart wagen: Wie meistert man den Wechsel von Altem zu Neuem?
Wenn du eine sehr exponierte Funktion verlässt, ist es wichtig, nicht sofort nach dem Neuen zu greifen. Marcel Hirscher macht das ganz richtig. Ich habe für mich meine Verbündeten kultiviert – einer davon ist mein Bandscheibenvorfall. Wann immer ich mich als Gschaftlhuber übernehme, kommt mein Bandscheibenvorfall und sagt: Glaubst du wirklich? Mein zweiter Verbündeter ist meine Herzensstimme: Wenn ein Projekt auf meiner Amplitude der Lebensfreude, die von null bis hundert geht, nicht mindestens 80 erreicht, dann sortiere ich es aus. Dahinzuspüren, empfehle ich jedem.
Was gilt es dabei zu spüren?
Bei jeder großen Lebensentscheidung stellt sich die Frage: Komme ich mir selbst ein Stück näher oder entferne ich mich von mir? Wenn ich mich entferne, aus Überheblichkeit, Geldgier, aus dem Wunsch, Erwartungen zu entsprechen, dann führt das einen Schritt weit in die Unzufriedenheit.
Haben Sie deshalb die Politik verlassen – weil Sie sich selbst fremd geworden sind?
Ich liebe Politik, für mich war das immer das pralle Leben, das letzte große Abenteuer, abseits vom Dschungelcamp. Ich bin ein Aufbauer, ein Pioniercharakter. Aber als die Aufbauarbeit bei Neos abgeschlossen war, war ich nicht mehr Pionier, sondern Oppositionspolitiker. Darin bin ich nicht der Beste. Ich war bei Neos zum ersten Mal gut ersetzbar, aber als Vater bin ich’s nicht. Nach sieben Jahren Politik habe ich gemerkt: Jetzt braucht mich die Familie.
Wie geht’s Ihnen im Wahlkampf mit der Zuschauerrolle?
Ich bin so viel unterwegs, ich bin in ein Start-up eingestiegen, ich begleite als Coach auch Führungskräfte und Spitzenpolitiker aus dem Ausland. Ich bin Autor. Ich komme gar nicht so viel zum Zuschauen, ganz selten gibt es den Moment, wo ich einen Zuruf vom Balkon hätte. Aber das habe ich mir verboten: Wenn der Altbauer geht, muss er entschlossen zur Seite treten. Ich mache ja auch noch Fernsehprojekte, im Moment drehe ich für ORF 1 eine Doku über den Tod als den besten Coach des Lebens.
Können Sie das erklären?
Nichts sortiert deine Prioritäten im Leben so gut wie der Tod. Das merken wir, wenn ein naher Angehöriger stirbt: Die Menschen beginnen, ihr Leben neu zu strukturieren, weil sie gesehen haben: Das Leben ist wertvoll. Die Sterbeforschung weiß: Am Sterbebett beschäftigt Menschen, ob sie genügend Liebe gegeben haben, ob sie ein authentisches Leben gelebt haben. Aber diese großen Lebensfragen kann man vorziehen.
Ihr Buch heißt „Sei Pilot deines Lebens“. Wie stelle ich fest, ob ich Pilot oder nur Passagier bin?
Ich glaube, diese Frage kann jeder für sich beantworten – aber nur, wenn man innehält, sich Ruhe gönnt. Für mich waren Fastenwochen hilfreich,
Beim Ausstieg aus der Politik war ich angstfrei, aber nicht sorgenfrei. Ich musste einen Kredit aufnehmen.
Matthias Strolz
Ich mache mich bereit für mein Kräuterwasser-Erbrechen. Wir müssen uns leer machen, wenn wir neue Fülle anstreben.
Strolz über seine Ayurveda-Erfahrung, Auszug aus dem Buch „Sei Pilot deines Lebens“
Wenn du eine sehr exponierte Funktion verlässt, ist es wichtig, nicht sofort nach dem Neuen zu greifen.
Matthias Strolz