„Sorgfalt ist unsere Hauptpflicht“
INTERVIEW. Onkologe Herbert Stöger erklärt den im Regelfall klaren, aber oftmals auch schwierigen Weg von der Verdachtsdiagnose zur endgültigen Diagnose.
WIn den meisten Fällen ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Dieser kann das breite Feld der Onkologie aufgrund des enormen Wissenszuwachses aber gar nicht lückenlos überblicken. Deswegen ist es oft auch eine Frage des Zufalls, wohin die Patienten weitergeleitet werden. Es gibt aber Faustregeln, wie die Größe eines Knotens und die damit verbundenen Symptome, die darauf hindeuten, dass man den Patienten gleich an ein Krebszentrum weiterverweisen sollte. Die Abklärung bei einem Tumorverdacht ist etwas ganz Spezielles und soll nach strikten Regeln ablaufen. Trotz aller gebotenen Vorsicht kann es aber immer wieder zu Diskrepanzen und Missinterpretationen kommen, die vielfach in der Natur der Fragestellung liegen und nicht auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sind. Es ist extrem selten, aber auch die Medizin ist nicht hundertprozentig, so wie das meiste im Leben nicht hundertprozentig ist. Unsere Hauptpflicht ist aber die Sorgfalt, um Fehler zu vermeiden. delt, ist es ein Standard, einen für diese Tumorart spezialisierten Referenzpathologen beizuziehen. Der Pathologe bekommt eine Zuweisung, je besser diese ist – auf dem Zuweisungszettel stehen z. B. Dinge wie „Verdacht auf“und wo es genau liegt –, desto zielgerichteter kann der Pathologe arbeiten. Üblicherweise wird jede Gewebeprobe von zwei Befundern bearbeitet. Da ist derjenige, der den Befund primär erstellt, und ein zweiter, der kontrolliert, ob der Befund richtig und stimmig ist. Gerade in der Onkologie sind wir besonders vorsichtig und konsequent, weil die Therapien, die wir machen, entsprechend belastend sein können, Nebenwirkungen haben und auch nicht ohne Spätfolgen für die Patienten sein können. Wir sprechen heute nicht mehr von personalisierter Medizin, sondern mittlerweile von Präzisionsmedizin. Anhand des zunehmenden Wissens bekommt man auch zunehmend Sicherheit in der Befundung. Wir verlassen uns heute nicht mehr nur auf die bildgebende morphologische Diagnostik, sondern auch auf eine Reihe von zusätzlichen sogenannten Markern auf den Krebszellen. Wir wissen zunehmend mehr über die Besonderheiten der Tumorzellen. So gibt es eine Vielzahl von Merkmalen der Tumorzellen, die man zusätzlich erheben kann, um die Diagnose zu festigen. Aber das setzt voraus, dass ich vor Ort Spezialisten für jegliche Tumorentitäten habe. Deswegen ist es auch in der Diagnose einer Tumorerkrankung enorm wichtig, diese in Zentren durchzuführen.