Lehrerin M., eine chaotische Langweilerin
Künftig könnte es heißen: „Frau Professor, Sie haben ja nur einen einzigen Stern, also einen Fünfer.“
Irgendwie verwunderlich, dass es sie nicht schon längst gibt, die Lehrerbewertungs-App, die gestern in Wien präsentiert worden ist. Weniger verwunderlich ist, dass nicht wenigen der Glaube fehlt, dass da niemand an den Pranger gestellt werden, es kein Bashing geben soll und es nur darum geht, wie es gestern Erfinder Benjamin Hadrigan ausdrückte, Schülern eine Stimme zu geben. Künftig können diese somit in einer Datenbank mit 90.000 Lehrern bis zu fünf Sterne für einen spannenden Unterricht oder für
verteilen. In Unterkategorien können bei weniger Sternen oder gar nur einem Stern die Defizite konkretisiert werden. Lehrerin M. könnte sich somit mit einem Stern als ungerechte, chaotische Langweilerin in der App finden und am Elternabend zu hören bekommen: „Worauf führen Sie es zurück, dass Sie mit Nicht genügend bewertet werden?“Nachsatz: „Was gedenken Sie zu tun, um dies zu ändern?“
Ob die App bewirken wird, dass kritisierte Lehrer sich hinterfragen oder mehr anstrengen werden? Anstrengen werden sich nur jene, meint eine schon ältere Lehrerin, die ohnehin immer schon mit Leidenschaft Pädagogen waren. Und bei jenen, die ihren Beruf nicht lieben, werde auch diese App nichts ändern. Sie selbst rechnet damit, dass es abgesprochene ReFairness aktionen von Klassen geben werde, die Lehrer wegen strenger Benotung mit null Sternen bestrafen werden. Und dass Eltern solche Bewertungen wie eine Trophäe in der Schule präsentieren werden, um ihre Kritik zu untermauern.
Sie könnte recht haben. Aber damit müssen Lehrer im digitalen Zeitalter wohl zu leben lernen. Für Lehrer sollte allerdings gelten, was auch für Schüler gilt. Da werden Noten aus Datenschutzgründen nicht einmal mehr in der Klasse laut vorgelesen ...