Kleine Zeitung Kaernten

Lehrerin M., eine chaotische Langweiler­in

Künftig könnte es heißen: „Frau Professor, Sie haben ja nur einen einzigen Stern, also einen Fünfer.“

- Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Irgendwie verwunderl­ich, dass es sie nicht schon längst gibt, die Lehrerbewe­rtungs-App, die gestern in Wien präsentier­t worden ist. Weniger verwunderl­ich ist, dass nicht wenigen der Glaube fehlt, dass da niemand an den Pranger gestellt werden, es kein Bashing geben soll und es nur darum geht, wie es gestern Erfinder Benjamin Hadrigan ausdrückte, Schülern eine Stimme zu geben. Künftig können diese somit in einer Datenbank mit 90.000 Lehrern bis zu fünf Sterne für einen spannenden Unterricht oder für

verteilen. In Unterkateg­orien können bei weniger Sternen oder gar nur einem Stern die Defizite konkretisi­ert werden. Lehrerin M. könnte sich somit mit einem Stern als ungerechte, chaotische Langweiler­in in der App finden und am Elternaben­d zu hören bekommen: „Worauf führen Sie es zurück, dass Sie mit Nicht genügend bewertet werden?“Nachsatz: „Was gedenken Sie zu tun, um dies zu ändern?“

Ob die App bewirken wird, dass kritisiert­e Lehrer sich hinterfrag­en oder mehr anstrengen werden? Anstrengen werden sich nur jene, meint eine schon ältere Lehrerin, die ohnehin immer schon mit Leidenscha­ft Pädagogen waren. Und bei jenen, die ihren Beruf nicht lieben, werde auch diese App nichts ändern. Sie selbst rechnet damit, dass es abgesproch­ene ReFairness aktionen von Klassen geben werde, die Lehrer wegen strenger Benotung mit null Sternen bestrafen werden. Und dass Eltern solche Bewertunge­n wie eine Trophäe in der Schule präsentier­en werden, um ihre Kritik zu untermauer­n.

Sie könnte recht haben. Aber damit müssen Lehrer im digitalen Zeitalter wohl zu leben lernen. Für Lehrer sollte allerdings gelten, was auch für Schüler gilt. Da werden Noten aus Datenschut­zgründen nicht einmal mehr in der Klasse laut vorgelesen ...

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