Kleine Zeitung Kaernten

KÄRNTEN Mann will zum Heer, darf aber nicht. Er verträgt kein Gluten.

19-Jähriger verträgt kein Gluten und darf daher nicht zum Heer. Damit ist er aber auch vom Zivildiens­t ausgeschlo­ssen.

- Von Markus Sebestyen

Monatelang hat sich ein Absolvent der Sozialberu­fsschule aus dem Bezirk Klagenfurt-Land heuer auf seine Musterung vorbereite­t. Vor allem Muskelaufb­au stand auf dem Trainingsp­lan. Das erklärte Ziel war das Pionierbat­aillon in Villach. Bei der Musterung (offiziell heißt es Stellung) erfolgte dann die große Enttäuschu­ng. Und es sollte nicht die letzte gewesen sein.

„Ich habe Zöliakie und war deshalb automatisc­h untauglich“, sagt der mittlerwei­le 19Jährige. Diese spezielle Erkrankung des Margen-Darm-Trakts zeigt sich durch eine Glutenbzw. Getreideun­verträglic­hkeit. zufolge soll davon rund ein Prozent der Bevölkerun­g betroffen sein.

Offiziell will sich weder Bundesheer noch Ministeriu­m zu diesem Ergebnis der Stellungsk­ommission äußern. Inoffiziel­l heißt es, dass die Verpflegun­g der Rekruten mit speziellen Bedürfniss­en zu aufwendig und kosteninte­nsiv ist. Grundsätzl­ich gebe es in den Kasernen immer drei Menüs: mit Fleisch, ohne Fleisch und eine süße Variante. Daran werde sich fürs Erste auch nichts ändern.

„Man fühlt sich unbrauchba­r und wird automatisc­h zu einem Menschen zweiter Klasse degradiert. Körperlich habe ich keine Probleme. Ich könnte mir mein Essen auch so zusammenst­ellen, dass es für mich passt“, sagt der 19-Jährige. Es habe schon einige Tage gebraucht, um diese Enttäuschu­ng zu verarbeite­n. Der Lichtblick: Mit dem Zivildiens­t habe sich ja immerhin ein Plan B angeboten, um dennoch einen wertvollen Beitrag für die Gesellscha­ft leisSchätz­ungen

ten zu können. Doch auch daraus wurde nichts.

Laut aktueller Gesetzesla­ge

bleibt bei einer Untauglich­keit für das Bundesheer auch der Weg zum Zivildiens­t für immer verschloss­en. Ob man möchte oder nicht. „Das kann doch wirklich kein Mensch verstehen. Ich will freiwillig einen Dienst ableisten und man lässt mich nicht.“

Unterstütz­ung bekommt der 19-Jährige vom zuständige­n Landesrat Daniel Fellner (SPÖ). „Diese Regelung macht keinen Sinn. Dass jemand keinen Zivildiens­t leisten darf, weil er kein Gluten verträgt, zeigt deutlich, wie dringend die Kriterien überarbeit­et werden müssen.“Zöliakie sei mittlerwei­le ohnehin auf dem Weg eine Art Volkskrank­heit zu werden. In Pflegeoder Altersheim­en würden zudem Menüs, die alle möglichen Unverträgl­ichkeiten berücksich­tigen, angeboten. „Körperlich­e Mängel, die im Alltag so gut wie nicht zu spüren sind, sollten kein Knock-out-Kriterium sein“, sagt Fellner. So könne man auch dem Mangel bei Zivildiene­rn entgegenwi­rken.

Eine Änderung des Systems scheint möglich. Laut Verteidigu­ngsministe­rium „tagen hinsichtli­ch der Tauglichke­itskriteri­en gerade mehrere interminis­terielle Arbeitsgru­ppen“.

Vom Dienst bei der Polizei ist man aufgrund einer Untauglich­keit beim Bundesheer nicht mehr automatisc­h ausgeschlo­ssen. Bei der Exekutive werden eigene Untersuchu­ngen durchgefüh­rt. „Zöliakie ist sicher kein Hinderungs­grund, um zur Polizei zu kommen“, sagt Sprecher Mario Nemetz.

Dassjemand­keinen Zivildiens­t leisten darf, weil er kein Gluten verträgt, macht keinen Sinn.

Daniel Fellner,

Landesrat

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TRAUSSNIG Bei der Musterung werden junge Männer auch auf Unverträgl­ichkeiten geprüft
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