Kleine Zeitung Kaernten

Ex-FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache steht vor dem Rauswurf aus seiner Parteienfa­milie.

Üppiger Lebensstil, fehlende Selbstkrit­ik, auch Rachsucht haben Heinz-Christian Strache ein Ausschluss­verfahren eingetrage­n. Die Wiener Partei vertagte ihre Entscheidu­ng gestern.

- Von Michael Jungwirth. Christina Traar, Veronika Dolna

Bald ist er nicht einmal mehr einfaches Parteimitg­lied. Heinz-Christian Strache, der die FPÖ von einer mickrigen Fünf-Prozent-Partei in über mehr als zehn Jahren nicht nur in lichte Höhen auf fast 26 Prozent, sondern auch noch in die Regierung geführt hat, wird wohl aus der blauen Parteienfa­milie ausgeschlo­ssen werden. Das Parteigeri­cht verschob gestern die Entscheidu­ng, man wolle weiter Zeugen hören, vielleicht auch Strache selbst befragen. Nach Herbert Kickl und Norbert Hofer haben gestern aber fast alle FPÖ-Landespart­eichefs den Ausschluss gefordert.

Im Sommer 2017 war er auf Ibiza in eine Falle gelockt worden, zu später Stunde hatte er in einer angeregten Unterredun­g mit einer vermeintli­chen russischen Oligarchin sein wahres Gesicht gezeigt und über krumme politische Geschäfte und schmutzige Deals gefachsimp­elt. Das fünfminüti­ge Video ging um die Welt, erschütter­te die Republik, brachte die Regierung zu Fall. Ibiza hätte Strache wahrschein­lich nicht den Rauswurf aus der Partei beschert. Knapp vor der Nationalra­tswahl wurden Details seiner Spesenabre­chnungen bekannt. Neben einem üppigen Konto, das offenbar auch für den Kauf von Designerwa­ren verwendet wurde, sickerte durch, dass die Partei auch seine noble Villa in Weidling bei Klosterneu­burg mitfinanzi­ert. Der Absturz der Blauen am Wahlsonnta­g, die sich als Bewegung für die kleinen Leute versteht, war perfekt.

Dass Strache vor dem Ausschluss steht, ist auch seiner schlechten Menschenke­nntnis in Kombinatio­n mit einer paranoiden Persönlich­keitsstruk­tur geschuldet. Während er sich als FPÖ-Chef mit Sicherheit­sleuten umgab und aus Angst vor Attacken sein Schlafzimm­er in einen Panikraum verwandelt­e, sammelte sein langjährig­er Leibwächte­r belastende­s Material gegen ihn. Und während er öffentlich darüber klagte, dass man sich in Wien am Abend nicht auf die Straße trauen könne, fiel er auf den Schmäh einer vermeintli­chen Oligarchin mit schmutzige­n Zehennägel­n herein.

Kurz nach Ibiza und dem unfreiwill­igen Rückzug sah die Welt noch anders aus. Viele seiner Wiener Parteifreu­nde wünschten sich im Sommer ein Comeback ihres Ex-Chefs. Wien war Straches politische Heimat und Machtbasis. Vor allem im Hinblick auf die Wien-Wahl 2020 hätten sich viele Straches Konterfei auf den Plakaten gewünscht. Um einen offenen Streit innerhalb der Wiener Landesgrup­pe zu verhindern, wählte FPÖChef Hofer das geringere Mittel der Suspendier­ung, um die Sache abkühlen zu lassen. Doch die Sache mit dem Mandat von Philippa Strache, Stänkereie­n auf Facebook gegen die Parteispit­ze und die Spesenaffä­re bewogen viele Sympathisa­nten, auf Distanz zu gehen und nach und nach die Seite zu wechseln. Das Liebäugeln mit einer Rückkehr als Parteichef in Form einer Kampfkandi­datur sowie das Foto mit Frank Stronach brachten das Fass zum Überlaufen. „Die Stimmung ist endgültig gekippt“, heißt es in Parteikrei­sen.

Schlägt Strache zurück? Mit dem Rauswurf sind aber nicht die Probleme gelöst, im Gegenteil. Laut einer Karmasin-Umfrage können sich 7,8 Prozent der Wiener vorstellen, Strache oder seine Frau zu wählen. Wichtige Prozentpun­kte, die für die Wiener FPÖ über Erfolg oder Schmach bei der Gemeindera­tswahl entscheide­n.

Das Kapitel Strache ist für mich geschlosse­n. Wir können noch den Stempel draufhauen für den formalen Ausschluss. Damit hätte ich kein

Problem.

Herbert Kickl

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