Ex-FPÖ-Chef HeinzChristian Strache steht vor dem Rauswurf aus seiner Parteienfamilie.
Üppiger Lebensstil, fehlende Selbstkritik, auch Rachsucht haben Heinz-Christian Strache ein Ausschlussverfahren eingetragen. Die Wiener Partei vertagte ihre Entscheidung gestern.
Bald ist er nicht einmal mehr einfaches Parteimitglied. Heinz-Christian Strache, der die FPÖ von einer mickrigen Fünf-Prozent-Partei in über mehr als zehn Jahren nicht nur in lichte Höhen auf fast 26 Prozent, sondern auch noch in die Regierung geführt hat, wird wohl aus der blauen Parteienfamilie ausgeschlossen werden. Das Parteigericht verschob gestern die Entscheidung, man wolle weiter Zeugen hören, vielleicht auch Strache selbst befragen. Nach Herbert Kickl und Norbert Hofer haben gestern aber fast alle FPÖ-Landesparteichefs den Ausschluss gefordert.
Im Sommer 2017 war er auf Ibiza in eine Falle gelockt worden, zu später Stunde hatte er in einer angeregten Unterredung mit einer vermeintlichen russischen Oligarchin sein wahres Gesicht gezeigt und über krumme politische Geschäfte und schmutzige Deals gefachsimpelt. Das fünfminütige Video ging um die Welt, erschütterte die Republik, brachte die Regierung zu Fall. Ibiza hätte Strache wahrscheinlich nicht den Rauswurf aus der Partei beschert. Knapp vor der Nationalratswahl wurden Details seiner Spesenabrechnungen bekannt. Neben einem üppigen Konto, das offenbar auch für den Kauf von Designerwaren verwendet wurde, sickerte durch, dass die Partei auch seine noble Villa in Weidling bei Klosterneuburg mitfinanziert. Der Absturz der Blauen am Wahlsonntag, die sich als Bewegung für die kleinen Leute versteht, war perfekt.
Dass Strache vor dem Ausschluss steht, ist auch seiner schlechten Menschenkenntnis in Kombination mit einer paranoiden Persönlichkeitsstruktur geschuldet. Während er sich als FPÖ-Chef mit Sicherheitsleuten umgab und aus Angst vor Attacken sein Schlafzimmer in einen Panikraum verwandelte, sammelte sein langjähriger Leibwächter belastendes Material gegen ihn. Und während er öffentlich darüber klagte, dass man sich in Wien am Abend nicht auf die Straße trauen könne, fiel er auf den Schmäh einer vermeintlichen Oligarchin mit schmutzigen Zehennägeln herein.
Kurz nach Ibiza und dem unfreiwilligen Rückzug sah die Welt noch anders aus. Viele seiner Wiener Parteifreunde wünschten sich im Sommer ein Comeback ihres Ex-Chefs. Wien war Straches politische Heimat und Machtbasis. Vor allem im Hinblick auf die Wien-Wahl 2020 hätten sich viele Straches Konterfei auf den Plakaten gewünscht. Um einen offenen Streit innerhalb der Wiener Landesgruppe zu verhindern, wählte FPÖChef Hofer das geringere Mittel der Suspendierung, um die Sache abkühlen zu lassen. Doch die Sache mit dem Mandat von Philippa Strache, Stänkereien auf Facebook gegen die Parteispitze und die Spesenaffäre bewogen viele Sympathisanten, auf Distanz zu gehen und nach und nach die Seite zu wechseln. Das Liebäugeln mit einer Rückkehr als Parteichef in Form einer Kampfkandidatur sowie das Foto mit Frank Stronach brachten das Fass zum Überlaufen. „Die Stimmung ist endgültig gekippt“, heißt es in Parteikreisen.
Schlägt Strache zurück? Mit dem Rauswurf sind aber nicht die Probleme gelöst, im Gegenteil. Laut einer Karmasin-Umfrage können sich 7,8 Prozent der Wiener vorstellen, Strache oder seine Frau zu wählen. Wichtige Prozentpunkte, die für die Wiener FPÖ über Erfolg oder Schmach bei der Gemeinderatswahl entscheiden.
Das Kapitel Strache ist für mich geschlossen. Wir können noch den Stempel draufhauen für den formalen Ausschluss. Damit hätte ich kein
Problem.
Herbert Kickl