Herkulesaufgabe wartet
Kärntens neuer Bischof muss gegnerische Lager einen und das Vertrauen in die Kirche wiederherstellen. Dazu braucht es auch ein klares Signal aus Rom zur Ära Schwarz.
Jetzt gibt es doch eine Kärntner Lösung! Als ein Kandidat für die Nachfolge von Alois Schwarz als Bischof für die Diözese Gurk-Klagenfurt wurde Caritas-Direktor Josef Marketz immer genannt. Weil die Ära Schwarz innerhalb der Diözese ebenso wie in der Außenwirkung mit heftigen Nachwehen verbunden war, galt verbreitet die Einschätzung, ein von außen kommender Bischof würde Kärnten guttun. Dieser könne sich neutral der großen Herausforderungen annehmen. So gesehen ist die Ernennung von Marketz überraschend.
Der Caritas-Direktor hatte sich nach dem Wechsel von Schwarz nach St. Pölten auch neutral, auffallend neutral, verhalten. Er hatte nicht mit dem später von Rom abgesetzten Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger und den Herren des Domkapitels mitgezogen, die mit dem Erbe Schwarz schonungslos aufräumten und sich dabei sogar gegen eine Weisung des Vatikans stellten. Marketz, wiewohl von Schwarz zum Caritas-Direktor ernannt, fühlte sich ebenso wenig zum Verteidiger des früheren Bischofs berufen. Die herausfordernde Führung des großen Wirtschaftsbetriebes Caritas konnte als glaubhafte Begründung dienen, sich nicht in die Turbulenzen verstricken zu lassen.
Mit Übernahme des Bischofsamtes erwartet Marketz eine wahre Herkulesaufgabe. Die Volksgruppenfrage, die in der Seelsorge für Spannungen sorgt, wird für den Kärntner Slowenen Marketz nicht zum Problem werden. Er wirkte schon bisher ausgleichend, verbindend und pragmatisch.
Wie wird der neue Bischof die sich gegenüberstehenden Lager einen? Wird es ihm gelingen, jene Gläubigen vom Verbleib in der Kirche zu überzeugen, die derzeit in Wartepositionen sind? Im Vorjahr hatte Kärnten mit einer Zunahme von 16,8 Prozent österreichweit die meisten Kirchenaustritte zu verzeichnen.
Wird Marketz die von Guggenberger und dem Domkapitel vorgenommenen strukturellen und organisatorischen Änderungen beibehalten, den eingeschlagenen Weg der Öffnung und Transparenz fortsetzen? Der derzeitige Apostolische Administrator Militärbischof Werner Freistetter, der mit seinem klaren Führungsstil für Beruhigung in der Diözese gesorgt hat und so selbst zum Wunschkandidaten vieler geworden war, hat mit einem Vorstoß aufhorchen lassen. Die Kärntner Kirche brauche einen Prozess der „diözesanen Erneuerung“. Der neue Bischof wäre gut beraten, M sich daran zu orientieren. indestens ebenso wichtig wie die ersten Signale des neuen Bischofs ist ein deutliches Signal aus Rom. Es gibt bisher keine Erklärung des Vatikans zum Bericht über die apostolische Visitation der Kärntner Kirche, die vom Salzburger Erzbischof Franz Lackner geleitet wurde. Aufbruch zu einem neuen Miteinander in der Diözese kann es nur geben und zerstörtes Vertrauen in die kirchlichen Instanzen kann nur dann wiederhergestellt werden, wenn die Vergangenheit aufgearbeitet ist. Das ist die Ära Schwarz noch keineswegs.