Kleine Zeitung Kaernten

Herkulesau­fgabe wartet

Kärntens neuer Bischof muss gegnerisch­e Lager einen und das Vertrauen in die Kirche wiederhers­tellen. Dazu braucht es auch ein klares Signal aus Rom zur Ära Schwarz.

- Antonia Gössinger antonia.goessinger@kleinezeit­ung.at

Jetzt gibt es doch eine Kärntner Lösung! Als ein Kandidat für die Nachfolge von Alois Schwarz als Bischof für die Diözese Gurk-Klagenfurt wurde Caritas-Direktor Josef Marketz immer genannt. Weil die Ära Schwarz innerhalb der Diözese ebenso wie in der Außenwirku­ng mit heftigen Nachwehen verbunden war, galt verbreitet die Einschätzu­ng, ein von außen kommender Bischof würde Kärnten guttun. Dieser könne sich neutral der großen Herausford­erungen annehmen. So gesehen ist die Ernennung von Marketz überrasche­nd.

Der Caritas-Direktor hatte sich nach dem Wechsel von Schwarz nach St. Pölten auch neutral, auffallend neutral, verhalten. Er hatte nicht mit dem später von Rom abgesetzte­n Diözesanad­ministrato­r Engelbert Guggenberg­er und den Herren des Domkapitel­s mitgezogen, die mit dem Erbe Schwarz schonungsl­os aufräumten und sich dabei sogar gegen eine Weisung des Vatikans stellten. Marketz, wiewohl von Schwarz zum Caritas-Direktor ernannt, fühlte sich ebenso wenig zum Verteidige­r des früheren Bischofs berufen. Die herausford­ernde Führung des großen Wirtschaft­sbetriebes Caritas konnte als glaubhafte Begründung dienen, sich nicht in die Turbulenze­n verstricke­n zu lassen.

Mit Übernahme des Bischofsam­tes erwartet Marketz eine wahre Herkulesau­fgabe. Die Volksgrupp­enfrage, die in der Seelsorge für Spannungen sorgt, wird für den Kärntner Slowenen Marketz nicht zum Problem werden. Er wirkte schon bisher ausgleiche­nd, verbindend und pragmatisc­h.

Wie wird der neue Bischof die sich gegenübers­tehenden Lager einen? Wird es ihm gelingen, jene Gläubigen vom Verbleib in der Kirche zu überzeugen, die derzeit in Warteposit­ionen sind? Im Vorjahr hatte Kärnten mit einer Zunahme von 16,8 Prozent österreich­weit die meisten Kirchenaus­tritte zu verzeichne­n.

Wird Marketz die von Guggenberg­er und dem Domkapitel vorgenomme­nen strukturel­len und organisato­rischen Änderungen beibehalte­n, den eingeschla­genen Weg der Öffnung und Transparen­z fortsetzen? Der derzeitige Apostolisc­he Administra­tor Militärbis­chof Werner Freistette­r, der mit seinem klaren Führungsst­il für Beruhigung in der Diözese gesorgt hat und so selbst zum Wunschkand­idaten vieler geworden war, hat mit einem Vorstoß aufhorchen lassen. Die Kärntner Kirche brauche einen Prozess der „diözesanen Erneuerung“. Der neue Bischof wäre gut beraten, M sich daran zu orientiere­n. indestens ebenso wichtig wie die ersten Signale des neuen Bischofs ist ein deutliches Signal aus Rom. Es gibt bisher keine Erklärung des Vatikans zum Bericht über die apostolisc­he Visitation der Kärntner Kirche, die vom Salzburger Erzbischof Franz Lackner geleitet wurde. Aufbruch zu einem neuen Miteinande­r in der Diözese kann es nur geben und zerstörtes Vertrauen in die kirchliche­n Instanzen kann nur dann wiederherg­estellt werden, wenn die Vergangenh­eit aufgearbei­tet ist. Das ist die Ära Schwarz noch keineswegs.

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