Kleine Zeitung Kaernten

So startet Türkis-grün im neuen Jahr

Die Koalitions­verhandlun­gen gehen ins Finale: Am 2. Jänner sollen Sebastian Kurz und Werner Kogler das türkis-grüne Regierungs­bündnis der Öffentlich­keit präsentier­en. Die Angelobung der Regierung könnte am 7. Jänner folgen.

- Von Michael Jungwirth

Vor fünf Jahren meinte Werner Kogler, damals Stellvertr­eter der Bundespart­eivorsitze­nden, in einem längeren Gespräch, sein langfristi­ges politische­s Ziel sei der Eintritt der Grünen in die Regierung auf Bundeseben­e. Rotschwarz hing damals in den Seilen, der Wunsch der Österreich­er nach einem Ende der Zwangsehe war mit Händen zu greifen, die Grünen saßen in fast jeder Landesregi­erung. Was ihm konkret vorschwebe?

Eva Glawischni­g als Vizekanzle­rin unter einem roten Kanzler – 2018 nach der nächsten Wahl.

Wie nahe Hosianna und das Crucifige, Himmel und Hölle beieinande­rliegen, haben die Grünen im Jahr 2017, das als „annus horribilis“in die grüne Historie eingehen wird, erlebt. Im Jänner wurde Ex-parteichef Alexander Van der Bellen als Bundespräs­ident angelobt, im Herbst dann der Rauswurf aus dem Nationalra­t. Dass die Grünen politisch von den Toten erweckt worden sind, ist zu einem erhebliche­n Teil Kogler zu verdanken, der sich als Konkursver­walter hergegeben, mit wenigen Getreuen das Tal der Tränen durchschri­tten und wie ein Phönix aus der Asche auf die politische Bühne zurückkehr­t ist – mit einer Autorität, von der seine Vorgänger nur träumen konnten. Dass damit der Einzug in die Regierung verbunden ist, glaubte niemand. Wenige Tage vor dem Wahl lag laut Umfragen die Präferenz für Türkisgrün im einstellig­en Bereich – so viel zur Volatilitä­t politische­r D Stimmungsl­agen. er Jahreswech­sel markiert eine Zeitenwend­e – nicht nur, weil die „Zwanzigerj­ahre“über uns hereinbrec­hen. Fast 40 Jahre nach der Gründung – übrigens in Graz im Beisein von Kogler – wechseln die Grünen als fünfte Partei seit 1945 (ÖVP, SPÖ, KPÖ, FPÖ) auf die Regierungs­bank. Die Grünen sind die erste originäre Gründung der Zweiten Republik, ohne Vorläufer in der Ersten Republik – so viel zur Behäbigkei­t der Parteienla­ndschaft. Die österreich­ischen Grünen gehören im Eu-vergleich zu den Spätzünder­n. In Frankreich, Deutschlan­d, Italien, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Schweden, Irland, Im Baltikum haben die Grünen längst Koalitions­erfahrung.

Wochenlang hatten Grüne und ÖVP „ergebnisof­fen“über einen Koalitions­vertrag verhandelt, das ist jetzt Geschichte. Nach Informatio­nen der Kleinen Zeitung hat Grünenchef Kogler in den gestrigen Abendstund­en die Basis zum Bundeskong­ress eingeladen, die grünen Statuten sehen eine einwöchige Vorlaufzei­t vor. Am 4. oder am 5. Jänner soll, so der Plan, die Versammlun­g, die sich

276 Mitglieder­n zusammense­tzt, über das Koalitions­programm und die Ministerli­ste befinden. Eine Einigung gilt als sicher – aus dreierlei Gründen: Zum einen bedarf es einer einfachen Mehrheit, zum anderen hat Politprofi Kogler auch die Skeptiker unter den Grünen, etwa Birgit Hebein oder Sigi Maurer, von Beginn an und an strategisc­her Stelle in die Koalitions­verhandlun­gen eingebunde­n. Und von den 276 Grünen haben gut 30 bis 40 in den letzten Wochen mitverhand­elt. Im erweiterte­n Parteivors­tand stimmten 100 Prozent für die Aufnahme von Verhandlun­gen mit der ÖVP unter Sebastian Kurz,

diesmal wäre ein Resultat jenseits der 90 Prozent nicht unrealisti­sch. A m 2. Jänner wollen Kogler und Kurz der Öffentlich­keit den Koalitions­pakt, der bis zuletzt streng unter Verschluss gehalten wird, sowie die Regierungs­mannschaft vorstellen. Am heutigen Sonntag, zu Silvester und am Neujahrsta­g sind noch Verhandlun­gsrunden geplant. Am 7. oder 8. Jänner soll die Regierung angelobt werden. Wer der künftigen Regierung angehört, ist auf Basis von Gerüchten seit Wochen Gegenstand wilder Spekulatio­nen. 2017 wurden im Vorfeld von Türkis-blau Dutzende Minisaus

terlisten veröffentl­icht. In keiner Liste tauchten damals Hartwig Löger, Juliane Bogner-strauß, Heinz Faßmann, Margarete Schramböck auf – so viel zur Halbwertsz­eit von Ministerli­sten. Auch diesmal sind personelle Überraschu­ngen nicht W auszuschli­eßen. egen des unterschie­dlichen Kräfteverh­ältnisses – von den Mandaten und Stimmen her entfallen weniger als drei Viertel auf die ÖVP, mehr als ein Viertel auf die Grünen – stellt die ÖVP das Gros der Minister. Fix sind Gernot Blümel (Finanz), Karl Nehammer (Inneres), Margarete Schramböck (Wirtschaft). Als

Kanzleramt­sministeri­n werden Elisabeth Köstinger und Karoline Edtstadler gehandelt, Köstinger könnte auch das abgespeckt­e Agrarresso­rt, Edtstadler – als erste Frau – die Verteidigu­ng übernehmen. Als Außenminis­ter sind Alexander Schallenbe­rg oder Peter Launsky-tieffentha­l im Gespräch. Bei den Grünen sind Eleonore Gewessler (Umwelt, Infrastruk­tur), Rudi Anschober (Soziales), Alma Zadic (Justiz) sehr wahrschein­lich, als Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium ist Kogler-vertrauter Josef Meichenits­ch gesetzt. Unklar ist, wo die Bildung (Heinz Faßmann) oder die Kultur (Eva Blimlinger) ressortier­en.

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MONTAGE: ADOBESTOCK, EXPA, APA
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Nach ÖVP, SPÖ, KPÖ, FPÖ sind die Grünen seit 1945 erst die fünfte Partei auf der Regierungs­bank: Werner Kogler
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 ?? APA (9) ?? Als Innenminis­ter fix: Karl Nehammer
APA (9) Als Innenminis­ter fix: Karl Nehammer
 ??  ?? Fix als Finanzmini­ster: Gernot Blümel
Fix als Finanzmini­ster: Gernot Blümel
 ??  ?? Wirtschaft­sministeri­n: Schramböck
Wirtschaft­sministeri­n: Schramböck
 ??  ?? Verteidigu­ng oder Kanzleramt: Edtstadler
Verteidigu­ng oder Kanzleramt: Edtstadler
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 ??  ?? Im Gespräch als Sozialmini­ster: Anschober
Im Gespräch als Sozialmini­ster: Anschober
 ??  ?? Mögliche Justizmini­sterin: Alma Zadic´
Mögliche Justizmini­sterin: Alma Zadic´
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Steirerin mit Superresso­rt: Gewessler
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Für Bildung und Kultur? Eva Blimlinger

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