So startet Türkis-grün im neuen Jahr
Die Koalitionsverhandlungen gehen ins Finale: Am 2. Jänner sollen Sebastian Kurz und Werner Kogler das türkis-grüne Regierungsbündnis der Öffentlichkeit präsentieren. Die Angelobung der Regierung könnte am 7. Jänner folgen.
Vor fünf Jahren meinte Werner Kogler, damals Stellvertreter der Bundesparteivorsitzenden, in einem längeren Gespräch, sein langfristiges politisches Ziel sei der Eintritt der Grünen in die Regierung auf Bundesebene. Rotschwarz hing damals in den Seilen, der Wunsch der Österreicher nach einem Ende der Zwangsehe war mit Händen zu greifen, die Grünen saßen in fast jeder Landesregierung. Was ihm konkret vorschwebe?
Eva Glawischnig als Vizekanzlerin unter einem roten Kanzler – 2018 nach der nächsten Wahl.
Wie nahe Hosianna und das Crucifige, Himmel und Hölle beieinanderliegen, haben die Grünen im Jahr 2017, das als „annus horribilis“in die grüne Historie eingehen wird, erlebt. Im Jänner wurde Ex-parteichef Alexander Van der Bellen als Bundespräsident angelobt, im Herbst dann der Rauswurf aus dem Nationalrat. Dass die Grünen politisch von den Toten erweckt worden sind, ist zu einem erheblichen Teil Kogler zu verdanken, der sich als Konkursverwalter hergegeben, mit wenigen Getreuen das Tal der Tränen durchschritten und wie ein Phönix aus der Asche auf die politische Bühne zurückkehrt ist – mit einer Autorität, von der seine Vorgänger nur träumen konnten. Dass damit der Einzug in die Regierung verbunden ist, glaubte niemand. Wenige Tage vor dem Wahl lag laut Umfragen die Präferenz für Türkisgrün im einstelligen Bereich – so viel zur Volatilität politischer D Stimmungslagen. er Jahreswechsel markiert eine Zeitenwende – nicht nur, weil die „Zwanzigerjahre“über uns hereinbrechen. Fast 40 Jahre nach der Gründung – übrigens in Graz im Beisein von Kogler – wechseln die Grünen als fünfte Partei seit 1945 (ÖVP, SPÖ, KPÖ, FPÖ) auf die Regierungsbank. Die Grünen sind die erste originäre Gründung der Zweiten Republik, ohne Vorläufer in der Ersten Republik – so viel zur Behäbigkeit der Parteienlandschaft. Die österreichischen Grünen gehören im Eu-vergleich zu den Spätzündern. In Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Schweden, Irland, Im Baltikum haben die Grünen längst Koalitionserfahrung.
Wochenlang hatten Grüne und ÖVP „ergebnisoffen“über einen Koalitionsvertrag verhandelt, das ist jetzt Geschichte. Nach Informationen der Kleinen Zeitung hat Grünenchef Kogler in den gestrigen Abendstunden die Basis zum Bundeskongress eingeladen, die grünen Statuten sehen eine einwöchige Vorlaufzeit vor. Am 4. oder am 5. Jänner soll, so der Plan, die Versammlung, die sich
276 Mitgliedern zusammensetzt, über das Koalitionsprogramm und die Ministerliste befinden. Eine Einigung gilt als sicher – aus dreierlei Gründen: Zum einen bedarf es einer einfachen Mehrheit, zum anderen hat Politprofi Kogler auch die Skeptiker unter den Grünen, etwa Birgit Hebein oder Sigi Maurer, von Beginn an und an strategischer Stelle in die Koalitionsverhandlungen eingebunden. Und von den 276 Grünen haben gut 30 bis 40 in den letzten Wochen mitverhandelt. Im erweiterten Parteivorstand stimmten 100 Prozent für die Aufnahme von Verhandlungen mit der ÖVP unter Sebastian Kurz,
diesmal wäre ein Resultat jenseits der 90 Prozent nicht unrealistisch. A m 2. Jänner wollen Kogler und Kurz der Öffentlichkeit den Koalitionspakt, der bis zuletzt streng unter Verschluss gehalten wird, sowie die Regierungsmannschaft vorstellen. Am heutigen Sonntag, zu Silvester und am Neujahrstag sind noch Verhandlungsrunden geplant. Am 7. oder 8. Jänner soll die Regierung angelobt werden. Wer der künftigen Regierung angehört, ist auf Basis von Gerüchten seit Wochen Gegenstand wilder Spekulationen. 2017 wurden im Vorfeld von Türkis-blau Dutzende Minisaus
terlisten veröffentlicht. In keiner Liste tauchten damals Hartwig Löger, Juliane Bogner-strauß, Heinz Faßmann, Margarete Schramböck auf – so viel zur Halbwertszeit von Ministerlisten. Auch diesmal sind personelle Überraschungen nicht W auszuschließen. egen des unterschiedlichen Kräfteverhältnisses – von den Mandaten und Stimmen her entfallen weniger als drei Viertel auf die ÖVP, mehr als ein Viertel auf die Grünen – stellt die ÖVP das Gros der Minister. Fix sind Gernot Blümel (Finanz), Karl Nehammer (Inneres), Margarete Schramböck (Wirtschaft). Als
Kanzleramtsministerin werden Elisabeth Köstinger und Karoline Edtstadler gehandelt, Köstinger könnte auch das abgespeckte Agrarressort, Edtstadler – als erste Frau – die Verteidigung übernehmen. Als Außenminister sind Alexander Schallenberg oder Peter Launsky-tieffenthal im Gespräch. Bei den Grünen sind Eleonore Gewessler (Umwelt, Infrastruktur), Rudi Anschober (Soziales), Alma Zadic (Justiz) sehr wahrscheinlich, als Staatssekretär im Finanzministerium ist Kogler-vertrauter Josef Meichenitsch gesetzt. Unklar ist, wo die Bildung (Heinz Faßmann) oder die Kultur (Eva Blimlinger) ressortieren.