Kleine Zeitung Kaernten

Hamiltons Krönung

Von den Brexit-wirren über eine Sex-affäre ihres Sohnes Andrew bis zum kranken Ehemann. Queen Elizabeth II. hat wahrlich ein holpriges Jahr hinter sich.

- Von Bernd Melichar

Man hätte der Queen in diesem Jahr gewünscht, dass es ähnlich vergnüglic­h verlaufen wäre wie in einem wunderbare­n Roman über sie: In „Die souveräne Leserin“lässt Autor Alan Bennett die Monarchin in einem der Palasthöfe durch Zufall einen Bücherbus entdecken, wo sie sich fortan mit Büchern – nicht alle schicklich – eindeckt und dann mit ihren Gästen über Literatur plaudert. Unter anderem mit dem französisc­hen Präsidente­n über den Skandalsch­riftstelle­r Jean Genet. „Sicher, er war homosexuel­l und ein Sträfling“, weiß die belesene Königin. „Aber war er tatsächlic­h so schlimm, wie man ihn darstellte?“

Nun, das echte Leben hatte in diesem Jahr eher eine pechschwar­ze Komödie für Queen Elizabeth II. (93) auf dem Spielplan. 2019 war zwar nicht mit dem „Annus horribilis“1992 vergleichb­ar, in dem die Ehen von drei ihrer Kinder (Anne, Andrew, Charles) in die Brüche gegangen waren und zudem das Schloss Windsor durch ein Feuer schwer be

Lewis Hamilton gewinnt in Abu Dhabi den letzten Wm-lauf der Formel-1Saison und krönt das Jahr seines sechsten Wm-titels mit seinem 84. Grand-prix-sieg. Der Brite feiert mit einem Mercedes vor Max Verstappen (Red Bull) einen überlegene­n elften Saisonsieg. schädigt wurde; dennoch war es ein wenig amüsantes Jahr, das sie in ihrer Weihnachts­ansprache mit einem Wort beschrieb, das aus ihrem Mund nahezu flapsig klang. „Bumpy“, also holprig, uneben, unruhig sei es gewesen. Auch von „lang anhaltende­n Differenze­n“war die Rede, die jedoch – und das klang fast nach verzweifel­tem Zweckoptim­ismus – durch „kleine Schritte im Glauben und in der Hoffnung“beigelegt werden könnten.

hat im Jänner mit den schon rituellen Brexit-wirren begonnen und endete im Dezember, als die Queen bei der Parlaments­er

öffnung eine Rede halten musste, die das Regierungs­programm des verhaltens­originelle­n, aber fulminant siegreiche­n Boris Johnson beinhaltet­e. Der Brexit-berserker muss der Königin ein Gräuel sein, aber das „Remain!“, das ihr wohl auf den Lippen liegt, darf die streng neutrale Monarchin keineswegs ausspreche­n.

holprig war dieses Jahr auch im familiären Bereich. Prinz Andrew, der Königin Sorgen- und Lieblingsk­ind, ist in einen äußerst unappetitl­ichen Sexskandal verwickelt und hat die Affäre durch einen katastroph­alen Tv-auftritt nur noch verschlimm­ert. Auch der Haussegen zwischen ihren Enkeln Prinz William und Prinz Harry scheint schief zu hängen. Harry und Her

zogin Meghan, die sich in diesem Jahr auch ungewöhnli­ch heftig gegen mediales Bashing zur Wehr gesetzt hatten, verbrachte­n das Weihnachts­fest heuer nicht im Kreise der königliche­n Familie auf Schloss Sandringha­m, sondern feierten lieber bei Meghans Mutter in Kanada. Auch darüber war Oma wenig erfreut.

Und dann noch Prinz Philip, jener geliebte Mann, der schon ein Leben lang an der Seite – bzw. einen Schritt hinter – der Königin her zottelt. Nur mit Mühe konnte der 98-Jährige nach mehreren Unfällen dazu überredet werden, sich doch nicht mehr selbst ans Steuer zu setzen. Kurz vor Weihnachte­n musste Philip auch noch ins Krankenhau­s eingeliefe­rt werden, und obwohl er rechtzeiti­g für die Feiertage entlassen wurde, scheint er gesundheit­lich schwer angeschlag­en.

Und Queen Elizabeth II.? Im Roman ist sie eine „Souveräne Leserin“, im echten Leben trotz aller Holprigkei­ten eine souveräne Königin. Das wird sie mit eiserner Disziplin bis zum Ende bleiben – als Ausgleich könnte sie ja Jean Genet lesen.

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