Annus mirabilis
Ute BaumhacklB & BerndBern Melichar
Es
geht mir verdammt gut, das bereitet mir zunehmend Sorgen. Ich fühle mich sogar leidlich gesund, auch das macht mich ganz krank. Ein Zwicken hier, ein Zwacken dort, sicher, das schon. Aber das Ächzen im Gebälk hält sich in Grenzen, vielleicht auch deshalb, weil ich nie zu einem Arzt gehe, der mir hartnäckig das Gegenteil einreden könnte.
Während es der gebeutelten Welt die Schweißperlen ins Gesicht treibt und der Kugel der Kollaps droht, kann ich mich in meinem persönlichen Universum immer mehr für das Wunder Leben erwärmen. Fast müsste ich mich für diesen unverschämten Egotrip der Zufriedenheit schämen, aber dann denk ich mir: Sudern sollen die anderen, ich suhle mich lieber in der überaus erträglichen Leichtigkeit des Seins.
Überhaupt war 2019 ein Annus mirabilis, wie wir Lateiner sagen. Wunder über Wunder haben sich ereignet. Die beste aller Ehefrauen tänzelt behände von einer Friedensfeier zur nächsten und wetzt das Kriegsbeil nur noch in äußersten Notfällen (Duschwände schlecht poliert), der Junior b braucht für die Uni noch kein Einreisevisum, und mein alter Herr ist so kopffit, dass er auf seinem neuen Wischhandy locker mit dem „Goggel“zurande kommt. Ich selbst bin beim Googeln über dieses Oscar-wilde-zitat gestolpert: „Wenn die Götter uns bestrafen wollen, erhören sie unsere Gebete.“Ich wusste doch, dass das Ganze einen Haken hat.