Kleine Zeitung Kaernten

„Mehr Literatur in Deutsch-Matura“

Bildungsmi­nister Heinz Faßmann will bei der Zentralmat­ura nachjustie­ren. Für ein geplantes Pflichtkin­dergartenj­ahr müsse der Bund mehr Geld in die Hand nehmen. Die Amtszeit der Uni-Rektoren will er begrenzen.

- Von Sonja Peitler-Hasewend und Norbert Swoboda

Herr Faßmann, haben Sie Ihre Ministerze­it vermisst? HEINZ FASSMANN: Es war auch eine Erholungsz­eit, denn eine Ministertä­tigkeit ist auch ein Knochenjob. Die Zeit habe ich aber an der Uni gut genützt. Aber wir haben in der ersten Legislatur­periode viele Dinge angefangen und 17 Monate waren dann sehr kurz. Ich habe auch viel an Zustimmung erfahren, man erkennt mich leichter, wenn ich am Supermarkt an der Kassa stehe.

War ein Grund für Ihre überrasche­nde Rückkehr der neue, einfachere Koalitions­partner?

Dass das Regieren einfacher wird, ja. Es geht aber nicht um einfach oder schwierig. Für mich war ein wichtiger Grund, dass ich selbst das Regierungs­übereinkom­men mitverhand­elt und gewusst habe, worauf ich mich einlasse. Die türkis-blaue Koalition selber hat funktionie­rt. Meine Zusammenar­beit mit Norbert Hofer im Bereich der Forschung war gut. Aber das, was von außen hereingetr­agen worden ist, mit den diversen Vorfällen – das hat es manchmal überflüssi­g schwer gemacht. Und das, glaube ich, wird in der neuen Konstellat­ion nicht mehr so sein.

Werden Sie weiter von türkiser Message Control abweichen? (Lacht.) Ich weiche ja sowohl vom Alter als auch von der Körpergröß­e her von den anderen Ministern deutlich ab. Ich habe den Eindruck, dass der Kanzler meine Meinung schätzt, und die werde ich mir auch immer autonom bilden und zum Ausdruck bringen.

Bei den Deutschför­derklassen soll es mehr Autonomie für Schulen geben. Können sie auch gegen Deutschkla­ssen entscheide­n? Nein. Ab einer gewissen Schüleranz­ahl, wo aufgrund eines verbindlic­hen Tests eine nicht ausreichen­de Deutschkom­petenz festgestel­lt wird, wird weiterhin eine Deutschför­derklasse gebildet werden. Aber wir müssen sicher darüber reden, ob die Gruppengrö­ße gut genug ist oder verkleiner­t werden sollte. Da haben wir Klagen gehört, dass die Gruppen zu groß und auch zu heterogen sind.

Bei Ihrem ersten Amtsantrit­t wollten Sie kein Kopftuchve­rbot für Schülerinn­en. Jetzt soll es bis 14 kommen. Was hat Sie bewogen? Susanne Wiesinger, die Ombudsfrau im Ministeriu­m, hat mir von vielen Fällen erzählt, wo von der Familie Druck ausgeübt wird, dass Mädchen sich halal zu verhalten haben. Um diesen Mädchen innerhalb der Schule den Freiraum zu ermögliche­n, sich von diesen Traditione­n lösen zu können, erscheint mir diese Ausweitung sinnvoll.

100 Brennpunkt­schulen sollen mehr Personal und Geld bekommen. Wie werden sie ausgewählt? Für mich sind zwei Dinge wichtig: Ein statistisc­h abgesicher­tes Screening, welche Schulen besondere Herausford­erungen haben: neben dem Hintergrun­d des Elternhaus­es auch, wie viele z. B. die Bildungsst­andards nicht erreichen. Dann möchte ich aber von den Schulen wissen, was sie mit den zusätzlich­en Ressourcen tun. Also nicht einfach mit der Gießkanne Geld verteilen.

Bei der Zentralmat­ura soll es Veränderun­gen geben. Welche? Die schriftlic­he Matura soll so bleiben. Aber die Matura muss fair und verständli­ch sein, für die Maturanten in einer Stresssitu­ation. Ein Beispiel sind die langen Texte in Mathematik. Man muss aber auch überlegen, was man aus der DeutschMat­ura macht, die derzeit sehr stark auf die Behandlung unterschie­dlicher Textsorten ausgericht­et ist, eine eher technische Behandlung von Sprache.

Also wieder mehr Literatur? Ich habe eine gewisse Sympathie dafür, ja. Mir war das, ganz offen, zu technisch.

Wer finanziert ein zweites verpflicht­endes Kindergart­enjahr? Wenn es kommt, muss der Bund sicher einen höheren Beitrag leisten. Es wäre so wichtig, für alle eine gleiche Startposit­ion zu Beginn des Volksschul­alters herbeizufü­hren. Da zahlen sich die Investitio­nen aus.

Für die Universitä­ten kündigen Sie ein „Überdenken“bei den Leitungsgr­emien an. Was heißt das?

Das Universitä­tsgesetz 2002 ist schon einige Jahre alt, und da muss man sich anschauen, ob das Zusammensp­iel gut funktionie­rt. Zum Beispiel kann man sich überlegen, wie lange ein Rektor dieses Amt ausüben soll. Wenn jemand zu lange im Amt ist, kann nicht nur der Elan verloren gehen, sondern auch ein Ungleichge­wicht an der Uni entstehen.

Zweimal vier Jahre?

Über den Zeitraum sage ich jetzt nichts, aber in die Richtung geht es. Außerdem muss man sich anschauen, ob die Uniräte als Aufsichtsr­äte ausreichen­d auf die Rektorate schauen.

Was ist beim Thema Studienbeg­inn angedacht?

Wir haben diskutiert, ob man nicht eine Studienein­gangsphase für eine breitere Palette an Studien gemeinsam machen kann, nicht nur für ein Studium. Erst dann entscheide­t man sich für ein konkretes Fach. Ein Teil der Studienwec­hsel und des Drop-out ist darauf zurückzufü­hren, dass Studierend­e oft zu wenig wissen.

Was planen Sie zur Autonomie der Pädagogisc­hen Hochschule­n?

Da habe ich eine ganz klare Vorstellun­g. Die Pädagogisc­hen Hochschule­n sind extrem wichtig für die Aus- und Weiterbild­ung der Lehrer. Da haben sie einen klaren Auftrag, und den müssen sie mit uns genau abstimmen. Das muss auch weiterhin so sein, eine freie Festlegung von Studien kann ich mir nicht vorstellen. Eine Teilautono­mie kann ich mir aber dabei vorstellen, wie ich den Betrieb organisier­e. Parallel dazu soll es zu einer Entpolitis­ierung der Aufsichtsg­remien kommen.

Wird es Forschungs­mittel für Fachhochsc­hulen geben?

Die FH sind in der angewandte­n Forschung gut unterwegs. Es gibt eigene Förderschi­enen. Die Finanzieru­ngsart der Fachhochsc­hulen ist aber eine andere als bei den Unis, sie bekommen Studienbei­tragssätze vom Bund, und damit kann man ja auch Forschung finanziere­n. Ich möchte nicht für jede Sache eigene Töpfe aufstellen.

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