Weg mit den Provisorien!
Rudolf Anschober ist der erste grüne Sozialminister. Er hat keine Hausmacht, aber im Bemühen darum, endlich die Pflegemisere zu beseitigen, sollten ihn alle unterstützen.
Kaum ein Thema brennt so unter den Nägeln wie die Pflege. Inzwischen ist der Leidensdruck so hoch, dass sich keiner mehr hinwegschwindeln kann über die Notwendigkeit einer Lösung, die nicht nur ein Provisorium darstellt.
Denn mit Provisorien aller Art haben wir es derzeit zu tun: Die Politik scheiterte an einer Lösung für das „Risiko“Pflege, die längst Teil der Daseinsvorsorge sein sollte, so wie die Sicherstellung der existenziellen Absicherung im Krankheitsund im Pensionsfall auch. Weil man scheiterte, behalf man sich mit einem „Pflegefonds“, der Jahr für Jahr mit Millionen gespeist wird und aus dem man die Gebietskörperschaften bedient, ohne das System selbst zu verändern.
Das budgetäre Provisorium trifft die Länder und Gemeinden, die Jahr für Jahr zum Bund pilgern und um entsprechende Mittel betteln müssen. Zuletzt packte man noch die Ausfälle durch die Abschaffung des Pflegeregresses drauf.
Ein anderes Provisorium trifft die Menschen ganz direkt, das ist die Verschiebung vom stationären hin zum ambulanten Be
claudia.gigler@kleinezeitung.at
reich. Jeder weiß, dass stationäre Betreuung teurer ist als die ambulante Versorgung. Spitalsbetten werden abgebaut, doch die Einsparungen sind nicht von einem Tag auf den anderen da. Das Geld für den Ausbau der mobilen Leistungen fehlt. Die Patienten und ihre Angehörigen sind oft sich selbst überlassen. Es mehren sich die Fälle, in denen immobile Patienten als „geheilt“entlassen werden, zu Hause aber keine Unterstützung durch mobile Betreuung erfahren, weil es die schlicht nicht gibt.
Es mangelt an Geld, es mangelt an der Steuerung und es mangelt an Personal. So weit die Analyse. Die Lösung wäre ein System, das den Bedarf erhebt und verwaltet, die Angebote über alle Schnittstellen hinweg steuert und dafür sorgt, dass das Nötige finanziert und ein Altern in Würde ermöglicht wird.
Die Pflege wird mehr kosten als bisher, schon allein, weil es aufgrund der Alterspyramide mehr Anspruchsberechtigte und zu wenige (jüngere) Arbeitskräfte gibt. Attraktivere Arbeitsbedingungen können dafür sorgen, dass es mehr Personal gibt.
Ein solidarisches Versicherungsprinzip kann die Risiken so verteilen, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Einzelnen berücksichtigt wird, ohne das Sparen zu bestrafen und ohne dass die, die es sich nicht leisten können, übrig bleiben.
Und eine Drehscheibe, die Bedarf und Angebote koordiniert, kann verhindern, dass Menschen einerseits nicht wissen, wo sie Hilfe finden, und andererseits Angebote entstehen, die dann krampfhaft befüllt werden müssen. as sind keine neuen Erkenntnisse, aber es mangelte an der Konsequenz. Es ist eine große Verantwortung, die der grüne Minister Rudolf Anschober auf seine Schultern lädt. Politiker aller Couleur sind es ihren Wählern schuldig, ihn nicht im Regen stehen zu lassen, sondern die ausgestreckte Hand auf der Suche nach Lösungen anzunehmen.
D