Ohne jede „Kopftuchkränkung“
Auch über ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen lässt sich sachlich und ideologiefrei diskutieren.
Natürlich sorgt sie jetzt mit ihrer Überlegung für Aufregung. Nach dem Kopftuchverbot bis zur vierten Klasse nun die Überlegung der neuen Integrationsministerin über einen „möglichen nächsten Schritt“, über ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Mit dem Nachsatz, dass sie einen „breiten Konsens“in der Regierung orte, weil da ja ein Rollenbild in den Schulen vermittelt werde.
Womit sie mit absoluter Sicherheit recht hat. Es könnte für muslimische Mädchen, die kein Kopftuch tragen wollen, noch
schwieriger sein, einen kopftuchfreien Weg zu gehen, wenn die Lehrerin ein Kopftuch trägt.
Es könnte, muss es aber nicht. Erlaubt sein muss es aber, über ein Verbot und seine Folgen nachzudenken. Ohne dass jene, die darüber nachdenken, sofort mit dem Vorwurf geächtet werden, islamfeindlich zu sein. Oder ins rechtsextreme Eck verbannt werden, weil Rechtsextreme dies ebenfalls fordern und dann zu oft ignoriert wird, dass die Forderungen von Rechtsextremen nichts mit Rollenbildern oder dem Schutz von Mädchen zu tun haben.
Ja, das Kopftuch ist ein ambivalentes Symbol. Für die einen wäre ein Verbot ein Akt gegen die Selbstbestimmung und religiöse Freiheit, für Frauenrechtlerinnen aber ein Akt der Befreiung aus Zwangsrollenbildern. Also warum nicht ruhig diskutieren, was für Schülerinnen wichtig wäre? Der grüne Vizekanzler zeigte gestern, wie emotionsfrei auch ideologisch aufgeladene Themen behandelt werden können. Keine Empörung, kein Vorwurf, dass da „mit Symbolpolitik rassistische Vorurteile bestärkt werden“, keine Rede von „Kopftuchkränkung“. Er meinte ruhig, dass es jedem freistehe, „über nächste Schritte“nachzudenken. Aber dass es da einen Dissens mit ihm geben würde. Auch darüber sollte in Ruhe debattiert werden – am besten mit muslimischen Frauenrechtlerinnen.