Asiatische Virusmaske fällt
Wuhan liegt plötzlich vor der Haustür: Italien unter Corona-Schock. Österreich soll sich nicht von Angst infizieren lassen, aber vorbereitet sein und im Ernstfall rigoros handeln.
In Rijeka, italienisch Fiume, derzeit Kulturhauptstadt Europas, sah man am Sonntag beim angeblich drittgrößten Karnevalsumzug der Welt einen Fotografen hinter Hygienevollschutzanzug und Gesichtsmaske Bilder noch fröhlicher Unbeschwertheit schießen. Zur Virenabwehr oder nur verkleidet, war nicht auszumachen.
Beim Villacher Faschingsumzug am Samstag stand der Rotkreuzwagen noch eher für Alkoholopfer bereit. Beim großen Narrenumzug am Dienstag in Graz gilt erhöhte Achtsamkeit. Denn über das Wochenende rückte das Sars-CoV-2-Virus näher. Wuhan liegt plötzlich vor der Haustür. Es beginnt in Thörl-Maglern. Oder am Brenner. Italien steht unter CoronaSchock. Drastische, im Alltag kaum vorstellbare Quarantänemaßnahmen spielen sich wie ein von der Fiktion in die Realität gekippter Film in vertrauten Regionen im Nachbarland ab.
Im Veneto sind nahe Abano 3000 Menschen in Vo Euganeo eingesperrt. Die Stadt Codogno, auf halber Strecke zwischen Verona und Mailand gelegen, wurde als ein Infektionsherd für den ersten Todesfall in der Lombar
adolf.winkler@kleinezeitung.at
dei ausgemacht. Der Ort fiel umgehend in die Regungslosigkeit einer Geisterstadt. Rigoros ließ Italiens Regierung 50.000 Menschen einkesseln. Schulen und Universitäten bleiben geschlossen und nicht nur der Geschäftsalltag gerät aus den Angeln. In Mailand und Verona opferte man den geliebten Calcio der Vorsicht: Fußball-Bannzonen! Auf den Modewochen flüchtete Armani mit dem Defilee ins Internet.
Symbolhaft wurde für den Karneval in Venedig das vorzeitige Ende ausgerufen. Schluss mit lustig! Das Virus lässt seine asiatische Maske fallen. Nach Italiens Flugstopp mit China und dem Ausfall der Kreuzfahrtschiffe sah man bereits am Samstag auf dem Markusplatz via Webcam deutlich weniger Menschen als sonst. Atemmasken konnte man kaum erspähen, wohl aber die typischen Totenvogel-Schnabelmasken des
„Medico della Peste“, der Pestärzte, als makabre Warnung.
Zwischen Sorglosigkeit und Alarmismus, Leichtsinn und Panik bewegt sich die Politik auf einem schmalen Grat. Friaul-Julisch Venetiens Regionspräsident Massimiliano Fedriga löste mit der Forderung an die italienische Regierung von Infektionskontrollen auch an den terrestrischen Grenzen Diskussionen aus. Thörl-Maglern oder der Brenner als QuarantäneGrenzstationen sind nicht mehr nur als Fiktion denkbar. Binnen einer Stunde hält Innenminister Karl Nehammer Virengrenzkontrollen aufziehbar. Krisenstäbe der Sanitätsbehörden in Abstimmung mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober werden notwendiger Alltag. sterreich muss mit der Gefahr ohne Panik, aber im Ernstfall rigoros umgehen. Bürgerinnen und Bürger wollen so infektionsfrei bleiben wie der Tourismus. Die Wirtschaft hat sich beim Chinageschäft angesteckt, die Globalisierung ist aber noch nicht tot. Ändern wird sich der distanzlose Habitus der Bussi-Bussi-Gesellschaft. Hauptverantwortlich ist jede und jeder für sich selbst.
Ö